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Patientensteuerung

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Update from 22.03.2025

Patientensteuerung: Ein Vergleich von VDEK-Konzept und HÄPPI-Modell zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung

Patientensteuerung: Ein Vergleich von VDEK-Konzept und HÄPPI-Modell zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung

Patientensteuerung im Vergleich: VDEK-Konzept und HÄPPI-Modell

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: steigende Kosten, Personalmangel und zunehmende Versorgungsengpässe besonders in ländlichen Gebieten. Sowohl der Verband der Ersatzkassen (VDEK) als auch der Hausärzteverband haben Konzepte zur verbesserten Patientensteuerung entwickelt. Diese unterscheiden sich grundlegend in ihrer Philosophie und Umsetzung.

Grundkonzepte und Philosophie

VDEKs Ansatz: Das »Persönliche Ärzteteam«

Der VDEK schlägt Teams von zwei bis vier Haus- und Fachärzten zur Patientensteuerung vor, die künftig die bisherige Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ablösen sollen . Dieses Modell sieht vor, dass Patienten ein persönliches Ärzteteam wählen, bestehend aus einem Hausarzt und bis zu drei grundversorgenden Fachärzten, die sie direkt konsultieren können.

Die VDEK-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner betont: »Die Patientinnen und Patienten brauchen klare Anlaufstellen, an die sie sich bei einem medizinischen Problem wenden können.« Der VDEK argumentiert, dass höhere Ausgaben im ambulanten ärztlichen Bereich – die 2025 insgesamt mehr als 50 Milliarden Euro betragen werden – die Versorgung in der Wahrnehmung der Versicherten nicht verbessert hätten .

HÄPPI: Hausärztliche Koordination im Mittelpunkt

HÄPPI (Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell) ist ein in Baden-Württemberg pilotiertes Versorgungskonzept, das von Juli bis Dezember 2024 in zehn Hausarztpraxen erprobt und wissenschaftlich von der Universität Heidelberg begleitet wurde .

Im Gegensatz zum VDEK-Modell übernimmt bei HÄPPI die Hausärztin bzw. der Hausarzt die zentrale Rolle: »Sie ist die Dirigentin oder er ist der Dirigent, die/der ein fundiertes Zusammenspiel von Delegation und Digitalisierung in der Hausarztpraxis orchestriert.« Das Konzept baut auf den bestehenden Strukturen der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) auf und stellt den Hausarzt als zentralen Koordinator in den Mittelpunkt.

Zentrale Unterschiede in der Versorgungsstruktur

Teamzusammensetzung und Rollenverteilung

VDEK: Setzt auf Teams aus Hausärzten und Fachärzten, die gemeinsam die Patientensteuerung übernehmen. Patienten können direkten Zugang zu allen Ärzten ihres gewählten Teams haben1.

HÄPPI: Fokussiert auf interprofessionelle Teams unter hausärztlicher Leitung. Neben dem Hausarzt als zentraler Figur werden akademische und nicht akademische Gesundheitsfachkräfte wie Physician Assistants oder akademisierte Pflegekräfte eingebunden . Die Hausärzte delegieren bestimmte Aufgaben, um sich auf komplexe Krankheitsbilder konzentrieren zu können .

Zugang zu fachärztlicher Versorgung

VDEK: Ermöglicht direkten Zugang zu Fachärzten innerhalb des persönlichen Ärzteteams ohne Überweisung. Für Fachärzte außerhalb des Teams würde eine digitale Überweisung benötigt.

HÄPPI: Praktiziert ein stärkeres Gatekeeping. Der Hausarzt steuert Patientenströme und bietet »Schutz vor Über-, Unter- und Fehlversorgung.« Es findet eine »enge Vernetzung mit den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Professionen im Gesundheitssektor statt.«

Digitalisierungsansatz

VDEK: Fordert »obligatorische telefonische Ersteinschätzung durch Hausarzt- und Facharztpraxen sowie Telemedizin« und ein »gemeinsames Online-Terminportal zur schnelleren Terminvergabe« .

HÄPPI: Integriert digitale Tools umfassender in den Praxisalltag. »Im HÄPPI werden digitale und analoge Vorortleistungen verknüpft. Behandlungsteams werden entlastet, die Qualität der medizinischen Betreuung verbessert und der Zugang zu medizinischer Expertise erweitert (wie z.B. über Videokonsultation oder Videokonsile).«

Implementierung und Reichweite

Pilotprojekt versus Systemwechsel

HÄPPI: Wurde als Pilotprojekt konzipiert und in zehn Hausarztpraxen in Baden-Württemberg erprobt . Der Transformationsprozess wird durch Change-Management-Unterstützung und ein spezielles Workbook begleitet .

Gesundheitsminister Manne Lucha erläutert: »In unserer älter werdenden Gesellschaft steigt der Bedarf für medizinische Versorgung, denn die Zahl der chronisch und mehrfach Erkrankten nimmt zu. Ansätze wie HÄPPI, bei denen Ärztinnen und Ärzte auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten, können Wartezeiten vermindern und durch eine stärkere Steuerung der Behandlung das Nebeneinander von Unter-, Fehl- und Überversorgung abbauen.«

VDEK: Strebt einen flächendeckenden Systemwechsel an – das Modell soll die bisherige Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ablösen1. Es ist als bundesweites Versorgungsmodell für alle gesetzlich Versicherten konzipiert.

Finanzierungsmodelle

HÄPPI: Baut auf der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) auf, für die der VDEK verpflichtende Bonuszahlungen von 30 EUR pro Patient kritisiert . Für die Pilotphase erhielten teilnehmende Praxen finanzielle Unterstützung von den Vertragspartnern im HZV-Vertrag, mit der AOK-Baden-Württemberg .

VDEK: Lehnt die HZV-Bonuszahlungen als »Irrweg« ab und argumentiert: »Die Verträge verursachen sogar höhere Kosten. Legt man allein die aktuellen Teilnehmendenzahlen von über sechs Millionen Versicherten zugrunde, entstünden der GKV jährliche Mehrkosten von über 180 Millionen Euro.«

Kritische Beurteilung beider Ansätze

Kritik am VDEK-Modell

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband kritisiert die Aussagen des VDEK als »sowohl inhaltlich als auch von der Tonalität her untragbar« . Die Bundesvorsitzenden des Verbandes bezeichnen die Unterstellung mangelnden Engagements für Patienten als »absurd und unverschämt« .

Zudem argumentieren Kritiker, dass das VDEK-Modell die zentrale Rolle des Hausarztes als kontinuierlicher Begleiter im Gesundheitssystem schwächt und zu einer weiteren Fragmentierung der Versorgung führen könnte.

Kritik am HÄPPI-Modell

Der VDEK kritisiert, dass hausarztbasierte Modelle wie HÄPPI weder Facharztbesuche noch Krankenhausaufenthalte effektiv reduzieren. Außerdem argumentiert der Verband, dass ein flächendeckendes Hausarztmodell bei 75 Millionen Versicherten die Kapazitätsgrenzen überschreiten würde.

Ulrike Elsner vom VDEK äußert sich kritisch zu den Kosten: »Auch die beabsichtigten verpflichtenden Bonuszahlungen von 30 EUR pro Patientin oder Patient für die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung (HZV) sind ein Irrweg.«

Schlussfolgerung

Die grundlegenden Unterschiede zwischen dem VDEK-Konzept zur Patientensteuerung und dem HÄPPI-Modell spiegeln verschiedene Philosophien der Gesundheitsversorgung wider. Während das VDEK-Modell auf Teams aus Haus- und Fachärzten mit direktem Patientenzugang setzt, stellt HÄPPI den Hausarzt als zentralen Koordinator und »Dirigenten« in den Mittelpunkt eines interprofessionellen Teams.

Die Pilotierung des HÄPPI-Modells in Baden-Württemberg zeigt einen pragmatischen, wissenschaftlich begleiteten Ansatz, während der VDEK einen umfassenden Systemwechsel anstrebt. Die Evaluation beider Ansätze wird zeigen, welches Modell langfristig zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur Lösung der aktuellen Herausforderungen im Gesundheitssystem beitragen kann.

Die Diskussion um die richtige Form der Patientensteuerung wird in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle in der gesundheitspolitischen Debatte spielen – mit weitreichenden Auswirkungen auf Patienten, Ärzte und das gesamte Gesundheitssystem.

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