Alles unter dem Himmel
ZHAO Tingyangs "Alles unter dem Himmel" bietet eine harmonische Vision globaler Ordnung basierend auf dem Konzept "Tianxia".
Written by: Frank Stratmann
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Update from 2/28/25
In seinem tiefgründigen Werk "Alles unter dem Himmel" präsentiert der chinesische Philosoph ZHAO Tingyang eine faszinierende Perspektive auf internationale Beziehungen und Weltordnung durch die Linse des alten chinesischen Konzepts "Tianxia" (天下), was wörtlich "alles unter dem Himmel" bedeutet.
Wenn nicht jetzt, wann dann? Nach den irritierenden Einlassungen des US-Vizepräsidenten bei der Münchener Sicherheitskonferenz habe ich das Buch noch einmal hervorgeholt und es in dieses Verzeichnis aufgenommen. Wichtige Passagen besprechen wir künftig auf dieser Seite.
Zentrale Thesen
ZHAO entwickelt eine alternative Vision globaler Ordnung, die auf dem klassischen chinesischen Weltbild basiert. Im Gegensatz zum westlichen System souveräner Nationalstaaten, das auf Wettbewerb und Machtpolitik ausgerichtet ist, präsentiert er ein inklusives Modell, das auf Harmonie und gemeinsamen Interessen beruht.
Der Autor argumentiert, dass das Tianxia-System eine universelle Institution darstellt, die darauf abzielt, die Welt als Ganzes zu betrachten und nicht als bloße Ansammlung von Einzelstaaten. Dieser Ansatz strebt danach, das »Weltproblem« zu lösen, indem eine gemeinsame Weltidentität geschaffen wird, die über nationale Identitäten hinausgeht.
Das westlich geprägte Geister kontraintuitive Konzept ist genau aus diesem Grund interessant. Natürlich ohne Gefahr zu laufen, kulturrelativistisch zu argumentieren, lässt sich die Großmacht China nach der Lektüre vielleicht etwas besser verstehen.
Philosophische Grundlagen
ZHAO verankert seine Argumentation in konfuzianischen und daoistischen Traditionen, die Harmonie, Koexistenz und gegenseitige Abhängigkeit betonen. Er kontrastiert diese Sichtweise mit der von Thomas Hobbes geprägten westlichen Tradition, die internationale Beziehungen als einen Zustand permanenter Konkurrenz und potentiellen Konflikts betrachtet.
Besonders interessant ist ZHAOs Analyse der unterschiedlichen politischen Ontologien: Während westliche Theorien oft von autonomen Individuen oder Staaten ausgehen, betont das Tianxia-Konzept Beziehungen als grundlegende Realität. Politik wird somit nicht als Management von Macht, sondern als Management von Beziehungen verstanden.
Kritische Würdigung
Das Buch bietet eine wertvolle Perspektive in einer Zeit zunehmender globaler Herausforderungen, die nationale Grenzen überschreiten. ZHAOs Vision eines harmonischen Weltsystems könnte wichtige Impulse für den Umgang mit Klimawandel, Pandemien und anderen transnationalen Problemen liefern.
Kritiker mögen einwenden, dass ZHAOs Darstellung des Tianxia-Systems historische Machtdynamiken und hierarchische Strukturen des chinesischen Tributsystems unterschätzt. Zudem bleibt die Frage offen, wie sich kulturelle und religiöse Pluralität in einem solchen System entfalten könnten.
Lesenswert
»Alles unter dem Himmel« ist ein bedeutender Beitrag zur Diskussion über alternative Weltordnungsmodelle. In einer Ära, in der die bestehende internationale Ordnung zunehmend unter Druck gerät, lädt ZHAO Tingyang dazu ein, über grundlegende Annahmen nachzudenken und neue Wege der globalen Kooperation zu erkunden.
Das Buch ist besonders empfehlenswert für Leser, die sich für internationale Beziehungen, politische Philosophie und den Dialog zwischen östlichen und westlichen Denktraditionen interessieren.
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9783518298824
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