KI ist kein Werkzeug
19. November 2025
KI ist kein Werkzeug, sondern ein aktiver Mitspieler in unseren Denkprozessen. Sie formt unsere Gedanken und Werte, während wir glauben, sie zu nutzen. Die Werkzeugmetapher verdeckt ihre kulturelle und kognitive Kraft der Integration und Wechselwirkung.
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GPT 5.1 / JSON (Basis einer eigenen Fotografie)
Die Werkzeugmetapher ist von jeher beliebt. Ich halte sie nicht grundsätzlich für falsch, aber für unzureichend. Gerade erfahren die Arbeiten von Marshall McLuhan und der Toronto School of Communication erneut viel Aufmerksamkeit. Dort hat man sich primär mit dem Auftauchen der elektronischen Medien beschäftigt und eine zentrale Erkenntnis formuliert: Medien sind nicht nur neutrale Übermittler, sondern prägen die Art und Weise, wie wir denken und kommunizieren.
Schon beim Buchdruck glaubte man, die Kopisten in den Klöstern würden durch ein neues Verfahren ersetzt. Die deutlich beschleunigte Vervielfältigung und Distribution von Schriften und der Zugang dazu unter Abwesenheit des Autors jedoch waren Wegbereiter für Reformation, Aufklärung und Wissenschaftlichkeit. Der Buchdruck war kein bloßes Werkzeug, das eine Tätigkeit effizienter machte. Er veränderte die gesamte Struktur des Wissens, die Art des Denkens und die gesellschaftlichen Machtverhältnisse. Das Werkzeug wurde zum Katalysator einer kulturellen Transformation.
Derzeit forsche ich entlang einiger Hinweise an der Bedeutung dessen, was es bedeutet, wenn immer mehr Menschen den Dialog mit KI suchen und die KI uns einen moralischen oder emotionalen Spiegel vorhält. Wie bei der Rede, die zeitversetzt nachgelesen werden konnte, interagieren KI-Systeme (nicht in jedem Kontext) mit uns unmittelbar entlang von Empfindungen, dem Wesen nach als eine Summe von Vielen und Vielem. Wir unterhalten uns mit uns selbst, wenn sich das bisher auch sehr weiß und westlich zentriert darstellt. Die KI reflektiert nicht nur unsere Fragen zurück, sondern aggregiert die Gedanken, Werte und Emotionen unzähliger Menschen, die in ihren Trainingsdaten eingeflossen sind.
Ein Werkzeug lege ich aus der Hand. Eine integrierte KI wird zum Mitspieler, zum Aktanten im Sinne der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) und wird bereits als Agent gedacht. Sie ist nicht mehr passives Instrument, sondern aktiver Teilnehmer in unseren Denkprozessen und Kommunikationen.
Die Werkzeugmetapher suggeriert Kontrolle und Distanz, wo in Wirklichkeit Integration und Wechselwirkung stattfinden.
Wenn wir KI weiterhin nur als Werkzeug begreifen, übersehen wir ihre tatsächliche Rolle als kulturelle und kognitive Kraft, die uns formt, während wir glauben, sie zu nutzen.

