Das ist nun einmal so?
Mittwoch, 16. Juli 2025
„Das ist nun mal so“ ist eine gefährliche Akzeptanz, wenn wir über Konsumismus nachdenken. Wahrhaftigkeit in der Kommunikation ist entscheidend, gerade in einer Zeit von Fake News. Wir müssen die Naivität hinterfragen und eine Neue Versorgungskommunikation ermöglichen.
Vignette
Generiert mit ChatGPT 4o
Ich bin Wolfram Eilenberger dankbar, der mich im Gespräch mit Jürgen Wiebicke über Theodor W. Adorno in der vergangenen Woche noch einmal daran erinnert hat, dass die Dinge eben nicht so sind.
Für Adorno war die Phrase »das ist nun mal so« untragbar. So oft akzeptieren wir Verzerrungen von Tatsachen, ohne aufzubegehren. In der Podcastfolge des Philosophischen Radios bemüht Wolfgang Eilenberger ein einfaches Beispiel. Konfrontiert mit einer Werbung, die uns verspricht, 10 Prozent zu sparen, hinterfragen wir nicht, was da nicht stimmt. Implizit wissen wir, dass es sich anders verhält. Wir geben Geld aus, wenn wir das rabattierte Angebot annehmen. Vom Sparen kann also nicht die Rede sein. Was wie eine Petitesse klingt, ist Ausdruck eines blind akzeptierten Konsumismus. Adorno würde von Verblendung sprechen. Wir denken, frei zu sein, und akzeptieren doch diese Form der Ansprache oder des Anrufs des Warenfetischs.
Bedürfnisse werden nicht mehr befriedigt, sondern erzeugt. Adorno würde sagen, dass es sich hierbei um eine Form der Verblendung handelt, die dazu führt, dass wir das Entstehen von Begehrnissen für real halten. Jeder in unserer Siedlung besitzt einen Rasenmäher. »Das ist nun mal so«. Immer wenn dieser Satz fällt, sollten wir aufhorchen.
Wenden wir uns der Versorgungskommunikation zu. Wie wahrhaftig ist diese heute?
Wahrhaftigkeit ›im ethischen Sinne‹ bezeichnet die Übereinstimmung zwischen dem, was ein Mensch äußert, und dem, was er tatsächlich denkt oder für wahr hält – sie ist die bewusste Verpflichtung zur Authentizität und Aufrichtigkeit in der Kommunikation, die manipulative Verzerrungen und selbst alltägliche Täuschungen ablehnt.
Das lässt sich so auch auf Gesundheitseinrichtungen übertragen. Wie wahrhaftig, besonnen und genügsam kommunizieren Krankenhäuser? Was versprechen Ärztinnen und Ärzte in ihren Standardbroschüren nach dem Vorbild einer Pizzakarte?
Ich bin im September zu Gast beim Gesundheitswirtschaftskongress 2025 und Gesprächsteilnehmer einer Podiumsdiskussion nach Verleihung des Publizistik-Preises der Stiftung Gesundheit.
Der Publizistik-Preis der Stiftung Gesundheit würdigt Journalisten und Publizisten, die durch ihre Arbeit zur Aufklärung und Information im Gesundheitswesen beitragen. Er zeichnet besonders jene Beiträge aus, die komplexe medizinische und gesundheitspolitische Themen verständlich darstellen, kritisch beleuchten und damit einen wertvollen Beitrag zur öffentlichen Gesundheitskommunikation leisten. Die Auszeichnung unterstreicht also die Bedeutung einer wahrhaftigen, differenzierten Berichterstattung in einer Zeit, in der vereinfachende Darstellungen und marketinggetriebene Botschaften oft den Diskurs prägen. Ranga Yogeshwar sagt auf der Website zum Preis Folgendes:
Der Publizistik-Preis der Stiftung Gesundheit hat gerade in Zeiten von Fake News eine besondere Bedeutung, denn es gilt, eine klärende Trennlinie zu ziehen zwischen Fakten und gefährlichen Halbwahrheiten. Der Preis setzt dabei ein wichtiges Signal, auch im Kreis der Medienschaffenden.
Umso erstaunlicher ist es, dass die Überschrift der Podiumsdiskussion folgenden Titel trägt: »Patienten werden auch Konsumenten: Kommunikation schafft Wissen und Transparenz«.
Ich habe noch ein paar Tage Zeit, mir dazu Gedanken zu machen. Ein ambivalentes Gefühl stellt sich ein, wenn der Preis an einer wahrhaftigen und differenzierten Berichterstattung interessiert ist, die Überschrift zum Podium sich jedoch am konsumistischen Weltbild orientiert, anstatt sich einer Progression von Gesundheitskompetenz zu stellen.
Ich verstehe das als Steilvorlage, nicht akzeptieren zu wollen, dass das nun einmal so sein soll, und werde gut vorbereitet anreisen, um dabei zu helfen, das aufzulösen. Mit Adorno gesprochen, unterstelle ich eine gewisse Naivität in Bezug auf die Mündigkeit, die aus einer Berichterstattung hervorgehen sollte. Was fehlt da? Was stimmt da nicht?
Mit der von Walter Benjamin und Theodor W. Adorno verwendeten Metapher des »Philosophierens mit dem Rücken zur Zukunft« werden wir uns fragen müssen: Auf welcher Grundlage, auf welchen Verwerfungen (oder TRümmern) der Vergangenheit wollen wir in Zukunft kommunizieren, wenn wir über Gesundheitsversorgung sprechen? Die Neue Versorgungskommunikation bietet hier Hilfestellung und ich werde die Wochen bis zum Gesundheitswirtschaftskongress nutzen, um diesen ethischen Rahmen vorzustellen.
Das hier verkündete Bild, das den Text begleitet, ist übrigens nicht einmal so. Es wurde mithilfe von ChatGPT generiert. Wer neugierig genug ist, darf sich ein +ZEITGESCHENK aus meinem Kalender greifen und mit mir darüber diskutieren.
Vorheriger Beitrag
Nächster Beitrag