Einzigartige Generation

Sonntag, 13. April 2025

Die einzigartige Generation zwischen analoger und digitaler Welt trägt die Verantwortung, als Brücke zu fungieren: Sie muss progressive und konservative Werte vermitteln und Orientierung in einer fragmentierten Wahrheit bieten, um die Zukunft zu gestalten.

Sora by OpenAI

Zwischen den Welten, nicht zwischen den Stühlen – Die doppelte Verantwortung der sogenannten einzigartigen Generation.

Die zwischen 1975 und 1995 Geborenen werden oft als eine außergewöhnliche Generation beschrieben – und das zu Recht. Sie tragen die doppelte Erfahrung zweier Welten in sich: der analogen Welt der industriellen Moderne und der digitalen Gegenwart, die zunehmend von Algorithmen, Vernetzung und Beschleunigung geprägt ist. Sie wissen noch, wie sich das Geräusch eines Modems anhört, wie es war, ohne ständige Verfügbarkeit zu leben, und kennen gleichzeitig jedes neue digitale Update, weil sie es mitentwickelt oder zumindest miterlebt haben. Außerdem wissen sie, was VHS ist, auch wenn sie die Abkürzung nicht deuten können, besaßen rote Buntstifte, die nach Erdbeere rochen und wussten, welche Telefonzellen man anrufen konnte.

→ Lies dringend auch mein Essay zur Tonspur jugendlicher Moralität drüben in den Essays.

Diese Generation ist nicht nur technologisch ambivalent sozialisiert – sie ist auch kulturell zwischen Stabilitätsversprechen und Flexibilitätszwang aufgewachsen. Sie kennt noch das Vertrauen in Institutionen, den Wert von Erfahrung, von Geduld, Mühe und handfester Arbeit. Gleichzeitig hat sie gelernt, dass Effizienz, kritisches Denken und Anpassungsfähigkeit zur neuen Währung gehören. Dadurch wurde sie zur Brücke zwischen den Welten – nicht zufällig sind viele ihrer Vertreter heute Vermittlerinnen, Entwickler, Kritiker und Ermöglicher zugleich.

Doch in dieser Zwischenposition liegt auch eine große Verantwortung. Denn während die ältere Generation häufig Schwierigkeiten hat, die Geschwindigkeit der digitalen Transformation zu fassen, und die jüngere oft nur noch in deren Logik denkt, könnte gerade diese „einzigartige Generation“ das Bindeglied sein – könnte, wohlgemerkt. Denn es stellt sich die Frage, ob sie ihrer Rolle gerecht wird – oder lieber auf ihrem Sonderstatus ausruht.

Die sogenannte einzigartige Generation zwischen den Welten steht heute in einer besonderen Verantwortung, die ich hier abgeleitet habe. Als Brücke zwischen analoger und digitaler Welt verfügt sie über die einmalige Kompetenz, beide moralische Cluster – das progressive wie das konservative – zu verstehen und zu vermitteln.

Diese Generation muss ihre Position zwischen den Welten nutzen, um drei zentrale Aufgaben zu erfüllen:

Erstens die Vermittlung zwischen den progressiven Werten (Fürsorge, Fairness, Freiheit) der Digital Natives und den konservativen Prinzipien (Autorität, Loyalität, Reinheit) der analogen Generation. Zweitens die kritische Reflexion technologischer Entwicklungen aus beiden Perspektiven. Und drittens die aktive Gestaltung eines gesellschaftlichen Dialogs, der weder in technologischer Euphorie noch in kulturpessimistischer Ablehnung verharrt.

Diese Verantwortung wiegt umso schwerer, als die Generation zwischen den Welten oft die Eltern jener »KI-Teenies« stellt, die in einer zunehmend fragmentierten Wahrheitswelt aufwachsen. Ihre Aufgabe ist es, Orientierung zu bieten, ohne dabei die eigene Ambivalenz zu verleugnen – und gleichzeitig die progressive Revolution nicht durch übertriebene Vorsicht zu hemmen.

Denn die Welt, in die die Generation von 2025 hineinwächst, ist eine fragile. Nicht nur technisch, auch kulturell. In einer Zeit, in der die Vorstellung einer gemeinsamen Wahrheit zusehends zerbröselt und postmoderne Beliebigkeit zur Norm geworden ist, stehen die neuen »KI-Teenies« vor einer Herausforderung, die größer kaum sein könnte. Sie sollen in einer Welt der multiplen Wirklichkeiten Orientierung finden – oder sie zumindest neu schaffen.

Hier kommt die Elterngeneration der Gen X ins Spiel – jene zwischen den Welten. Sie hat alles in der Hand: Sie kann aufklären oder verwirren, verbinden oder spalten, Haltung zeigen oder sich in Ironie flüchten. Sie kann sich für ein realistisches Weltbild starkmachen – eines, das Wahrheit weder verabsolutiert noch willkürlich macht –, oder sie kann sich dem antirealistischen Spiel der Selbstvergewisserung hingeben, das längst nicht mehr harmlos ist.

Denn wenn wir eines aus der Geschichte wissen, dann das: Jede Generation erbt die Konsequenzen der vorherigen. Die Fehler der »einzigartigen Generation« werden nicht sie selbst ausbaden müssen – sondern die, die jetzt erst geboren werden. Ob sie dann noch im Licht stehen oder im Schatten einer verpassten Verantwortung, wird sich zeigen.

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Frank Stratmann

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Ich bin Frank Stratmann – ein Cultural-Foresight-Analyst und Kommunikations-designer. Auch bekannt als @betablogr.

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