Nichts Menschliches erachte ich als mir fremd
Donnerstag, 20. Februar 2025
„Nichts Menschliches ist mir fremd“ erinnert uns daran, dass wir alle die gleichen grundlegenden Emotionen und Erfahrungen teilen. Es fördert Mitgefühl, Verständnis für menschliche Schwächen und die Akzeptanz interkultureller Vielfalt.
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Im Alltag nutze ich gern die griffigere Variante und rufe den Satz gelegentlich seltsamen Verhaltensweisen oder sich für Ihr Verhalten entschuldigenden Personen hinterher.
Montaigne soll dem Satz einen Ehrenplatz in seinen Aufzeichnungen eingeräumt haben.
Dieser letzte Satz führt uns zu einer zweiten großen humanistischen Idee. Der Sinn unseres Lebens liegt in unseren Beziehungen und Bindungen zu anderen Menschen. Dieses Prinzip der Verbundenheit wurde prägnant in einer Komödie von Publius Terentius Afer formuliert, der als Terenz bekannt ist. Sein Beiname Afer (»der Afrikaner«) verweist auf seine Herkunft – er wurde um 190 v. Chr. vermutlich als Sklave in oder nahe dem nordafrikanischen Karthago geboren. Später erlangte er in Rom als Komödiendichter Berühmtheit. Eine seiner Figuren sagt – und ich gebe den lateinischen Text wieder, da er noch heute häufig im Original zitiert wird.
Homo sum, humani nihil a me alienum puto.
Vollständig lautet der Satz dann: »Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches erachte ich als mir fremd«.
1. Universelle menschliche Erfahrungen
Der Spruch erinnert uns daran, dass alle Menschen – unabhängig von Kultur, Herkunft oder Lebensweise – grundlegende Emotionen, Bedürfnisse und Erfahrungen teilen. Freude, Trauer, Liebe, Angst – diese Gefühle sind universell menschlich.
2. Verständnis für menschliche Schwächen
Wenn wir verstehen, dass alle Menschen Fehler machen, Schwächen haben und manchmal fragwürdige Entscheidungen treffen, können wir mehr Mitgefühl und weniger Vorurteile entwickeln. Die Erkenntnis »Nichts Menschliches ist mir fremd« hilft uns, weniger zu verurteilen.
3. Interkulturelle Perspektive
Im Kontext verschiedener Kulturen und Rituale ermöglicht uns dieser Gedanke, fremde Praktiken nicht als »exotisch« oder »primitiv« abzutun, sondern als andere Ausdrucksformen des Menschseins zu verstehen und zu respektieren.
4. Psychologische Dimension
Der Satz lädt uns ein, auch die dunkleren Seiten der menschlichen Natur zu akzeptieren. Statt uns von menschlichen Abgründen zu distanzieren, erkennen wir an, dass jeder Mensch zu Gutem wie zu Schlechtem fähig ist.
5. Humanistische Perspektive
Als humanistisches Prinzip betont der Spruch die fundamentale Verbundenheit aller Menschen. Er fordert uns auf, Unterschiede zu überbrücken und das Gemeinsame in unserer Menschlichkeit zu erkennen.
Vom Satz »Nichts Menschliches ist mir fremd« habe ich zunächst im Buch »Wie man Mensch wird« erfahren. Sarah Bakewell hat die Zeitreise durch den Humanismus verfasst. Von Ihr habe ich auch den zweiten Absatz übernommen. Vielen Dank.