Google oder Tech, KI & Alter Falter
14. November 2025
"Digitale Souveränität bedeutet mehr als nur Datenlokalität – echte Kontrolle über Infrastruktur und Innovation ist entscheidend, während wir uns von US-Modellen lösen müssen."
Kommentar
GPT 5.1
Gerade eben habe ich die Folge des Podcasts »Der 8. Tag« von The Pioneer mit dem Autor Aladin El-Mafaalani gehört. Darin geht es um Vertrauen in die Institutionen, die sich bisher selbst kontrollierten, und wir hielten das bisher auch für ausreichend. Zur Erinnerung: Eine Institution ist nicht immer eine Organisation, sondern manchmal einfach nur das Amt. Etwa das des Bundesfinanzministers.
Ganz Deutschland glaubt, die IT-Bubble diskutiert aktuell über die »Digitale Souveränität« des Landes, der EU und überhaupt ist das ein wichtiges Thema. Ein Podcast der Schwarz-Gruppe von und mit Sascha Lobo hat vor einiger Zeit damit begonnen, zu sensibilisieren, und das sicher mit einem Kalkül, das jetzt und hier allerdings kein Thema sein soll.
Vielleicht wird der bewusst oder unbewusst in Kauf genommene Bruch üblicher Erwartungen schon deutlich, wenn Du die Flasche Pommes betrachtest, die diesen Beitrag garniert. Pommes verlieren bei einer flaschenbasierten Darreichung sämtliche relevanten Eigenschaften. Genauso wie ein Bundesfinanzminister, der die Souveränität des Landes eidesstattlich schützen sollte und sich für eine Milliardeninvestition mitfeiern lässt, die nicht auf die digitale Souveränität seines Landes einzahlt oder diese im schlimmsten Fall sogar infrage stellt. Okay, ich muss das ausführlicher erklären.
Durch Sascha Pallenberg bin ich auf die Sendung Tagesthemen vom 11.11.2025 aufmerksam gemacht worden. Dort diskutiert Jessy Wellmer mit der Expertin Friederike Kaltheuner über die aktuellen Investitionen durch Google in Dietzenbach bei Frankfurt.
Die Milliardeninvestitionen von Google in Deutschland werfen viele Fragen auf. Das Gespräch mit Friederike, die für das US-amerikanische AI Now Institute arbeitet, vermittelte rasch der Eindruck, dass die Euphorie um die Rekordsummen nicht ohne kritische Prüfung bestehen kann. Fünfeinhalb Milliarden Euro – eine Summe, die auf den ersten Blick nach einem enormen Gewinn für Standorte wie Hanau oder das Land insgesamt aussieht.
Von dieser konkreten Investition profitiert primär Google.
Das sagte Friederike Kaltheuner mit Blick auf die ernüchternde Realität hinter den beeindruckenden Zahlen. Sobald man sich näher mit den Rechenzentren beschäftigt, sieht die Wirklichkeit ganz anders aus. Anders als klassische Fabriken schaffen sie kaum dauerhafte Arbeitsplätze; die temporären Jobs beim Bau sind schnell vergeben und genauso rasch wieder verschwunden. In den USA, so Friederike, entstehen durchschnittlich nur zwölf langfristige Stellen pro Rechenzentrum.
Die Infrastruktur, die derzeit in Deutschland entsteht, ist vor allem auf große KI-Modelle zugeschnitten. Doch von den Milliarden bleibt der Großteil nicht im Land: »70 Prozent des Geldes fließt wieder zurück in die USA«, präzisiert Friederike, denn selbst Google kauft die benötigten Hochleistungs-Chips bei Anbietern wie Nvidia, einem US-Konzern. Neben dem geringen wirtschaftlichen Effekt für Deutschland kommt eine weitere Belastung hinzu. Der immense Energiebedarf der Rechenzentren. Beispiele aus den USA und Irland zeigen, dass die Strompreise für Endverbraucher deutlich steigen können – in Georgia etwa um 36 Prozent innerhalb von zwei Jahren.
Diese recht schnell überprüfbaren Fakten, hier präsentiert durch eine Expertin ihres Fachs, führen ganz offensichtlich nicht dazu, dass die Institution des Bundesfinanzministers zu dem Schluss kommt, dass es vielleicht keine gute Idee sein muss, sich mit Google in dieser Art zu präsentieren. Ich möchte daraus kein Moralspektakel machen, sondern auf einen wichtigen Umstand hinweisen. Die Bürgenden (Bürgerinnen und Bürger) für die Aktivitäten des Staates verstehen, was da vor sich geht.
Die scheinbar widersprüchliche Situation, in der Investitionen politisch gefeiert werden und gleichzeitig die digitale Unabhängigkeit Europas gefordert ist, brachte Friederike auf einen zentralen Punkt. Ankündigungen diese Form, so ihre Einschätzung, »zementieren den Status quo« und senden gerade vor dem deutsch-französischen Gipfel zur digitalen Souveränität das falsche Signal. Souveränität, das wurde im Gespräch mehrfach betont, bedeutet weit mehr als die bloße geografische Lage von Daten oder deren Sicherheit. Ein Land, das Gesundheitsdaten nicht fließen lässt, sondern immer noch in einer elektronischen Patientenakte wegschließen möchte und in dieser Metapher immer noch keinen Widerspruch erkennen will, verweigert sich immer noch der Kontrolle über die eigene Infrastruktur. Diese liegt weiterhin in ausländischer Hand.
Mit Blick auf die Risiken sprach Friederike die wachsende technologische Abhängigkeit an, die im Fall von Handelskonflikten oder politischen Spannungen schnell zur Schwachstelle werden kann. Noch gravierender erscheint ihr jedoch die wirtschaftliche Komponente.
Das Geld wird nicht mit den KI-Modellen gemacht, sondern auf der Infrastrukturebene.
Unternehmen wie OpenAI schreiben hohe Verluste, während die eigentlichen Profiteure jene sind, die die Infrastruktur kontrollieren – und das sind bislang nicht europäische Akteure.
Die Frage nach politischen Handlungsoptionen führte das Gespräch in den Tagesthemen zu einer kritischen Bestandsaufnahme. Über Jahre habe Europa versäumt, dem Problem der Marktkonzentration zu begegnen. Friederike betonte, »dieser Markt funktioniert nicht frei«. Eine Einschätzung, die von Wettbewerbsbehörden dies- und jenseits des Atlantiks geteilt wird. Instrumente zur Regulierung existieren auf europäischer und nationaler Ebene, doch es fehle oft am politischen Willen zur konsequenten Umsetzung. Die Tendenz, bestehende Gesetze wieder zu lockern, wie zuletzt in Brüssel zum Aspekt der Lieferketten, verschärft das Problem zusätzlich.
Regulierung allein, so Friederikes Fazit, reicht nicht aus; sie öffnet jedoch den Markt für Innovation und Alternativen. Investitionen müssen gezielt erfolgen – nicht, um das US-Modell zu kopieren, sondern um eigenständige Strukturen zu schaffen. In Deutschland sieht sie Ansätze wie die Sovereign Tech Agency als vielversprechend, weil sie auf Open Source und alternative Modelle setzen. »Es braucht echte Alternativen außerhalb der Logik der dominierenden Firmen«, fasst Friederike zusammen und verweist damit auf die Notwendigkeit, neue Wege zu gehen, um die digitale Souveränität Europas tatsächlich zu stärken. Google darf meines Erachtens übringens Rechenzentren in Deutschland bauen. Auf eigene Rechnung und in ihrem Sinne. Gewählte Bürger im Amt einer Insitution möchte ich anraten, sich um die Souveränität zu bemühen und keine billigen Signal zu nutzen, um teuer auszusehen.
Um diesem komplexen Sachverhalt und einer Kultur der Datensouveränität auf die Spur zu kommen, rate ich dazu, sich grundsätzlich im Rahmen einer Praxis der eigenen Distinktionen auseinanderzusetzen. Erst wenn man herauskommt aus den Litaneien des Politiktheaters um vermeintliche Milliardeninvestitionen, wenn man sich den eigenen und fremden Weltbildern stellt und in Szenarien denkt, gelingt Veränderung im Feld der eigentlichen Innovation. Kultur als erster künstlicher Intelligenz, die der Mensch je hervorgebracht hat.
Wenn Du Lust hast, über Erwartungen und sonstige Enttäuschungen zu diskutieren, lade ich Dich auf ein Gespräch ein. Nutze dazu gern mein ZEITGESCHENK+ auf betablogr.de wann immer Du soweit bist.

