US-Kulturrevolution
Den Beginn der Kampagne zur US-Kulturrevolution wird durch J. D. Vances Auftritt bei der Münchener Sicherheitskonferenz markiert. Der Riss in der Zuverlässigkeit zwischen den USA und Europa zeigte sich im Februar 2025 mehr als deutlich. Neuropolitik wird als wichtiges Feld betrachtet, um Populismus und gesellschaftliche Spaltungen zu verstehen und zu überwinden.
19. November 2025
Die Veröffentlichung der Epstein Files markiert einen strategischen Wendepunkt in Trumps Diskursführung. Nach monatelangem Widerstand vollzog der Präsident eine bemerkenswerte Kehrtwende und befürwortete plötzlich die Offenlegung aller Dokumente – ein Schachzug, der seine Methode der präemptiven Diskursbesetzung exemplarisch illustriert. Die bereits veröffentlichten E-Mails zeigen brisante Details über Trumps frühere Beziehung zu Epstein, darunter Epsteins Aussage, Trump »wusste über die Mädchen Bescheid«.
Trumps strategische Wende folgt einem erkennbaren Muster: Statt defensive Abwehrhaltung zu praktizieren, übernimmt er die Diskurshoheit durch proaktive Transparenz-Rhetorik. Damit zwingt er seine Gegner in eine reaktive Position und kann gleichzeitig den Diskursraum mit Gegenvorwürfen gegen Demokraten und andere politische Akteure fluten. Das parteiübergreifend verabschiedete Gesetz zur Zwangsveröffentlichung wird so zum Instrument seiner eigenen Narrativkontrolle umfunktioniert.
Die Strategie der diskursiven Übersättigung zeigt sich besonders in der medialen Reaktion: Während Epstein-Überlebende und Opferverbände echte Aufklärung fordern, dominiert bereits die Metadebatte über Trumps taktisches Verhalten. Diese Verlagerung der Aufmerksamkeit von den eigentlichen Inhalten auf die politischen Manöver entspricht präzise der neuropolitischen Logik, die wir im Kontext der US-Kulturrevolution beobachten können.
13. November 2025
Nach 43 Tagen endete der längste Shutdown in der US-Geschichte. Das Repräsentantenhaus verabschiedete am Mittwoch mit 222 zu 209 Stimmen ein Übergangsbudget, das die Regierungsgeschäfte bis zum 30. Januar 2026 finanziert. Präsident Donald Trump unterzeichnete das Gesetz noch am selben Abend.
Der Shutdown hatte seit dem 1. Oktober dramatische Auswirkungen auf das Land: Hunderttausende Bundesbedienstete erhielten keine Gehälter, rund 42 Millionen bedürftige Bürger bekamen keine Lebensmittelhilfen mehr, und der Flugverkehr brach teilweise zusammen. Auslöser war ein Streit über Steuergutschriften im Rahmen des Affordable Care Act.
Die Einigung kam zustande, nachdem acht Senatoren der Demokraten mit den Republikanern stimmten, um die Regierung wieder zu öffnen – ein Schritt, der innerhalb ihrer eigenen Partei heftig kritisiert wurde. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, John Thune, kommentierte: »Genug ist genug«.
18. Juli 2025
Ein Text von Curtis Yarvin und die gescheiterte Wahl von Verfassungsrichtern sollten uns auch im deutschen Gesundheitswesen aufhorchen lassen. In diesem Text konstatiere meine besondere Besorgnis, dass die potenzielle Übertragung der von Yarvin und ähnlichen Denkern propagierten technokratischen Staatsführung auf das Gesundheitswesen der USA und die sich daraus entwickelnden Implikationen, ein Problem darstellen würden. Die Idee einer CEO-geführten Staatsstruktur könnte sich in privat kontrollierten Gesundheitssystemen manifestieren, in denen Effizienz und Profitabilität über Gleichheit und Zugänglichkeit gestellt werden – ein direkter Konflikt mit den Grundprinzipien des deutschen Solidarsystems ist zwar nicht zu erwarten. Doch kulturell steht uns eine negative dialektische Reifeprüfung ins Haus.
18. Juli 2025
Wir beginnen diesen TICKR zur kommenden Kampagne (»Camp«) US-Kulturrevolution im Rahmen von Cultural Foresight mit dem Hinweis auf eine interessante Podcast-Folge. Warum ausgerechnet damit? Der Auftritt von J. D. Vance auf der Münchener Sicherheitskonferenz markiert für uns alle wohl einen Riss in der Verlässlichkeit zwischen den USA und Europa und hier insbesondere Deutschland. Bei einem Familienbesuch in Amsterdam hatte ich mich zur Seite genommen und die Rede live verfolgt. Mir kam die Rede im ersten Moment gar nicht so brisant vor, auch weil wir andere Botschaften erwartet hatten. Und doch war das nachträglich und eine Woche vor der Bundestagswahl eine Zäsur.
Ich habe damals unmittelbar danach versucht, das Denken des US-Vizepräsidenten besser zu verstehen. Also las ich seine Autobiografie Hillbilly Elegie und begann, mich mit der Facette Neuropolitik auseinanderzusetzen. Ich interpretiere es so, dass Menschen wie J. D. Vance neuropolitischen Fehlschlüssen unterliegen. Niemals wäre er in einer gemäßigten Regierung ins Amt gekommen. Sein Buch ist sehr aufschlussreich, was sein Denken bestimmt. Als Scharfmacher von Trump jedoch muss er sich nicht anpassen, sondern darf richtig loslegen.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Mentalitäten demokratisch gewählter Figuren nicht mehr länger verlässlich das tun, was man von rechtsstaatlich ins Amt gehobenen Personen erwarten würde. Die Auseinandersetzung mit Neuropolitik ist daher zwingend und dazu noch ein sehr junges Feld, das erforscht wird. Praktisch erkennen wir früh, was Liya Yu in der verlinkten Folge von Hörsaal bei Deutschlandfunk Nova ausspricht. Die Politikwissenschaftlerin und Autorin Liya Yu widmet sich also dem spannenden Thema Neuropolitik.
Sie zeigt, wie unser Gehirn auf Spaltung und Polarisierung reagiert und warum Dehumanisierung, die früher einmal evolutionäre Vorteile brachte, heute eine Gefahr für unsere Demokratie darstellt. Liya Yu erklärt, wie neurowissenschaftliche Erkenntnisse dabei helfen können, Populismus und gesellschaftliche Gräben zu überwinden, und stellt neue Wege für einen modernen Gesellschaftsvertrag vor. Wer verstehen möchte, wie Politik, Psychologie und Neurowissenschaften zusammenhängen und was das für unsere Zukunft bedeutet, sollte unbedingt hineinhören.
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