Wie Spielkönige Fakten schaffen wollen

Mittwoch, 4. Juni 2025

Die Sehnsucht nach stabiler Führung führt zur Wiederbelebung monarchischer Ideen, während Tech-Oligarchen als neue Spielkönige auftreten. Historische Warnungen vor Machtmissbrauch sollten uns jedoch an die Werte von Freiheit und Gewaltenteilung erinnern.

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Die Demokratie wird heute nicht mehr in jeder Hinsicht als der Inbegriff politischer Effizienz und Entscheidungsfindung betrachtet. Dafür erlebt das Konzept der Monarchie eine unerwartete Wiederbelebung, insbesondere in bestimmten technologisch geprägten Kreisen. Diese Entwicklung ist paradox, da monarchische Systeme traditionell als ineffizient und komplex betrachtet wurden. Doch Persönlichkeiten wie Curtis Yarvin und einflussreiche Tech-Unternehmer wie Peter Thiel und Marc Andreessen hegen eine bemerkenswerte Vorliebe für eine starke, autoritäre Führung – eine Art CEO-Monarchie, die sich von demokratischen Normen abgrenzt.

Die Kritik an der Demokratie speist sich oft aus der Wahrnehmung ihrer Langsamkeit und komplexen Deliberationen. Im Gegensatz dazu verspricht die Monarchie eine scheinbare Effizienz und Handlungsfähigkeit, die in vielen gesellschaftlichen Schichten eine tiefe Sehnsucht nach Stabilität, Wohlstand und einer wohlwollenden Herrschaft weckt. Historische Vergleiche wie Franklin D. Roosevelt während der Kriegswirtschaft oder die präsidialen Dekrete Trumps dienen als Beispiele für eine Konzentration von Macht. Die gegenwärtigen monarchischen Bestrebungen in der ausgehenden Moderne sprechen eine deutliche Sprache. Auch Elon Musk, einst als Befürworter offener Systeme bekannt, scheint angesichts seiner Desillusionierung eine Tendenz zur Unterstützung autoritärer Ansätze zu zeigen, auch wenn er keine aktive Regierungsposition anstrebt.

Curtis Yarvin fand mit seinen Thesen besonders in der Tech-Community Resonanz. Seine Versuche, ein Start-up zu gründen und Kontakte zu knüpfen, führten dazu, dass sein Gedankengut bei Tech-Größen Anklang fand, die oft mit den empfundenen Beschränkungen und der Bürokratie demokratischer Prozesse unzufrieden sind. Die Vision dieser Tech-Oligarchien ist eine Transformation hin zu neuen monarchischen Herrschaftsstrukturen, die durch Kapital und Macht errichtet werden.

Die Metaphorik von Daten als das Erdöl des 21. Jahrhunderts wischen wir längst beiseite, Daten als eine zentrale Ressource zu sehen, deren Schaffung und Kontrolle globale Machtverhältnisse maßgeblich beeinflussen kann, wirkt für die Errichtung einer Tech-Monarchie auf diesem entstofflichten Layer, der sich seit einigen Jahren als unentrinnbare Wirklichkeit etabliert. Die vernetzte Gesellschaft, die ein neues Imperium vermisst; mit dem Smartphone und ihrem Verhalten im Netz. Derzeit gibt es nur Spielkönige mit viel Kapital. Ihr politischer Einfluss ist bis auf den Versuch von Wahlmanipulation bislang nicht weitreichend genug. Eine neue Herrschaft nach dem Vorbild von Monarchien der 5. Generation, wie Curtis Yarvin heutige Großunternehmen nennt, inauguriert sich in unserer digitalen Vernetztheit.

Das Interesse von Ländern wie Saudi-Arabien an Datenzentren unterstreicht die Bedeutung dieser Ressourcenthematik im globalen Machtgefüge. Der Übergang von analogen zu digitalen Prozessen könnte demokratische Institutionen überfordern und so autoritären Lösungsansätzen Auftrieb geben. Die USA schwelgen nicht in Restaurationsphantasien für eine Autokratie nach analogem Vorbild. Sie haben Angst, dass China, eine Kultur, die Jahrtausende Erfahrungen mit Monarchien mitbringt, den Rang abläuft.

Die provokanten Thesen Yarvins, die eine effektive und starke Führung betonen, finden in Teilen der Gesellschaft Anklang, die sich nach klaren Strukturen und schnellen Lösungen sehnen. Konservative Gemüter sind dafür besonders anfällig. Ihr moralpsychologisches Gespür für Autorität, Loyalität und der Wunsch nach klaren Verhältnissen zeigt sich gerade in moderater Form auch in Deutschland, das zwar am Internet angeschlossen ist, derzeit jedoch abgehängt wird. Software aus China wird hierzulande eines Tages so selbstverständlich wie das Plastik, was wir aktuell von dort bekommen. Die USA leiden an den Kosten für Ihr Militär und scheinen zu glauben, das mit demokratischen Mitteln nicht mehr zu meistern. Wir dürfen davon ausgehen, dass die Anstrengungen der USA in Künstliche Intelligenz den Versuch markieren, sich als westliche Hegemonie gegen Chinas Einfluss zu stellen. Dieser Einfluss wird weiter wachsen. Davon ist auszugehen.

Wehret den Anfängen, hört man jetzt wieder häufiger. Es hat schon begonnen und man darf bereits Respekt haben, dass sich der Ruf nach einem König auch in Europa einstellen könnte, zumal wir längst einige von diesem Range haben, wenn wir nur ihr Selbstbild für eine erste Einschätzung heranziehen würden.

Die Geschichte mahnt zur Vorsicht: Die Gefahren autoritärer Systeme wie Machtkonzentration und Missbrauch sind wohlbekannt und haben in der Vergangenheit zu immensem Leid geführt. Trotz einer erkennbaren Sehnsucht nach starker Führung sollte die Gesellschaft stets die historischen Lehren berücksichtigen und die fundamentalen Werte der Freiheit und Gewaltenteilung hochhalten, um die Fallstricke einer Rückkehr zu absolutistischer Herrschaft zu vermeiden. Die Tech-Bros jedenfalls haben sich bereits als Spielkönige installiert. Sollten sie mit ihren Weissagungen recht behalten, dass eine »Allgemeine künstliche Intelligenz« in den nächsten drei bis fünf Jahren zu erwarten ist, dann weiß ich die US-Regierung, dass sie kurzfristig die Weichen stellen muss, um eine Tech-Monarchie auf den Weg zu bringen. Wenn Institutionen erst einmal unwiederbringlich zerstört wurden, werden diese durch technische Verfahren ersetzt. Ein ehemaliger Mitarbeiter von Peter Thiel ist jedenfalls derzeit US-Vizepräsident. Was J. D. Vance so bewegt und welche humanistischen Fehlschlüsse ihm nachgewiesen werden können, habe ich hier aufgeschrieben.

Frank Stratmann

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Ich bin Frank Stratmann – ein Cultural-Foresight-Analyst und Designer für deliberative Kommunikation.
Bekannt als @betablogr.

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