Künstliche Intelligenz und er neue Faschismus
Mühlhoffs Buch analysiert die Gefahren von KI und deren Verbindung zu faschistoiden Ideologien im digitalen Zeitalter.
Text from:Frank Stratmann
Digitaler Humanismus
Update from 7/17/25
Buchvorstellung
Rainer Mühlhoffs »Künstliche Intelligenz und der neue Faschismus« (Reclam, 2025) bietet eine präzise und nuancierte Analyse der alarmierenden Synergien zwischen aufstrebenden Tech-Ideologien und dem Wiedererstarken faschistoider politischer Kräfte. Das Buch hinterfragt die gängige Wahrnehmung von Künstlicher Intelligenz (KI) als rein technisches Phänomen und legt stattdessen ihre tiefgreifenden sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Implikationen offen.
Mühlhoff beginnt seine Untersuchung mit einer Fallstudie, die die potenziellen Gefahren einer unkontrollierten Machtübernahme durch Tech-Eliten illustriert, indem er ein Gedankenexperiment um Elon Musk und ein fiktives »Department of Government Efficiency (DOGE)« skizziert. Diese Darstellung, die an einen ›digitalen Staatsstreich‹ erinnert, dient als eindringliches Beispiel für die Destabilisierung demokratischer Strukturen durch technologische Infiltration und die gezielte Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien. Der Autor betont, dass ein neuer Faschismus im 21. Jahrhundert nicht zwangsläufig den historischen Vorbildern gleichen muss, sondern sich in subtileren, technologisch vermittelten Formen manifestieren kann.
Ein zentraler Aspekt der Analyse ist die ideengeschichtliche Verbindung zwischen libertären, elitären und antiegalitären Weltanschauungen in der Tech-Industrie und der Alt-Right-Bewegung. Mühlhoff argumentiert, dass KI-Technologie nicht nur ein Kernsegment der IT-Industrie darstellt, sondern seit Jahrzehnten mit pseudophilosophischen Denkfiguren verknüpft ist, die eine Fortsetzung von Eugenik, White Supremacy und Rassismus bilden. Das Buch beleuchtet, wie diese »Tech-Ideologien« sich radikalisiert und zunehmend mit antidemokratischen Visionen verschmolzen haben.
Die Kernhypothese des Essays lautet, dass das faschistoide Potenzial der Alt-Right-Politik aus ihrer Synergie mit diesen elitistischen Tech-Ideologien erwächst. Insbesondere wird aufgezeigt, wie Datenanalyse und KI-Technologie genutzt werden, um den Rechtsstaat zu schwächen und durch ein automatisiertes, präemptives Staatswesen zu ersetzen.
Mühlhoff differenziert zwischen symbolischer und subsymbolischer KI, wobei er letzterer, die auf probabilistischen Schätzungen und statistischer Mustererkennung beruht, besondere Aufmerksamkeit widmet. Er erläutert die »Gesellschaft der Präemption«, in der die Definition von ›Wahrheit‹ durch die enge Verwebung von KI und gesellschaftlichen Vorgängen transformiert wird. Das probabilistische Entscheidungsverfahren, das in der Praxis einer ›Fallwette‹ gleicht, birgt das Risiko intransparenter und diskriminierender Entscheidungen, insbesondere wenn es im staatlichen Bereich zum sogenannten »Bürokratieabbau« eingesetzt wird. Der Autor warnt eindringlich davor, dass die Effizienzorientierung solcher Systeme die individuellen Interessen und Grundrechte sowie ethische Grundsätze der Fairness und Menschenwürde leicht aus dem Blick verlieren kann.
Auch Yuval Harai spricht im zuletzt erschienen Buch »Nexus« von dem scheinbar faszinierenden Zusammenhang zwischen Künstlicher Intelligenz und Bürokratie. Entgegen der verbreiteten Auffassung, dass KI Bürokratie reduzieren würde, argumentiert Harari, dass KI in ihrem Wesen eine Intensivierung bürokratischer Prinzipien darstellen kann.
Künftige Informationsnetzwerke, vor allem KI-gestützte Netzwerke, werden sich in vielerlei Hinsicht von ihren Vorgängern unterscheiden. […] Mythologie und Bürokratie sind für große Informationsnetzwerke unerlässlich. Die KI wird die Rolle von Bürokraten und Mythenerzählern übernehmen (wenn wir nicht aufpassen).
Damit schließt das Buch auf zum Ansatz Cultural Foresight, denn Mythen interessieren uns insbesondere im Rahmen der deskriptiven Phase der Dekonstruktion des Status quo. KI als Bürokratiersatz bleibt ein Mythos. Wir sollten zu neuen Anliegen kommen.
Das Buch von Rainer Mühlhoff ist eine essenzielle Lektüre für alle, die ein tieferes Verständnis für die komplexen Wechselwirkungen zwischen technologischer Entwicklung und politischen Ideologien suchen.
Die Leseempfehlung für dieses Werk ist daher uneingeschränkt. Es ist ein wichtiger Beitrag zur kritischen Reflexion über die Zukunft unserer Gesellschaft im Angesicht der rasanten Entwicklung der Künstlichen Intelligenz.
Künstliche Intelligenz und er neue Faschismus
9783150146668
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