Mensch
Digital Humanism
Digital Literacy
ID BTBLGR-CMP-30
Kapitel 12.52
Shortcut-Technologien
Ethische Technologie-Kompetenzförderung
Shortcut-Technologien sind Werkzeuge, die darauf abzielen, zeitaufwändige Prozesse zu verkürzen oder zu automatisieren, was zu einer Effizienzsteigerung führt. Sie bieten eine scheinbare Demokratisierung von Fähigkeiten, bergen jedoch die Gefahr eines kulturellen Reduktionismus, indem sie den Wert des Lernprozesses und persönliche Entwicklung in den Hintergrund drängen.
Verfasst von: Frank Stratmann
BTBLGR-CMP-30
Update vom 14.04.2025
Aufbauend auf der Logik von Beschleunigung und Verfügbarkeit (→ Technologieresonanz) lässt sich der Begriff „Shortcut-Technologien“ einführen.
Noch ist das kein etablierter wissenschaftlicher Terminus. Der Begriff Shortcut-Technologie beschreibt präzise eine Klasse von Werkzeugen oder technologischen Prozessen, deren primäres Ziel darin besteht, etablierte – oft zeitaufwändige oder arbeitsintensive – (Lern-)Prozesse abzukürzen, zu umgehen oder zu automatisieren.
Das Versprechen: ein gewünschtes Ergebnis schneller und mit geringerem Aufwand zu erreichen als durch traditionelle Methoden.
Die Spannweite solcher Technologien reicht von einfachen Tastenkombinationen („Keyboard Shortcuts“) und Software-Automatisierungen bis zu KI-gestützten Systemen, die komplexe Analyse- oder Kreativprozesse übernehmen. Welchen Einfluss Shortcut-Technologien haben, zeigt die Vermutung eines hypothetischen Szenarios, das nicht ganz wirklichkeitsfremd klingt.
Aufgrund der Konditionierung, dass es für alles eine Pille gibt, stellte die niederländische Neurobiologin Brankele Frank kürzlich zur Diskussion:
Wenn wir eine Pille herstellen könnten, die alle kognitiven und emotionalen Vorteile des Musikunterrichts bietet, würden viele Eltern sie jeden Morgen ihren Kindern verabreichen.
Das begründet sich beim Beispiel, ein Musikinstrument zu erlernen, auch damit, eine unsichtbare Grenze mithilfe von Technologie (→ Medikament) zu überwinden.
Ein Musikinstrument zu erlernen oder gar zu beherrschen, wird immer noch als ein Privileg und fast schon als elitär empfunden. Wer jedoch den Aufwand scheut, bildet sich ein, mit der Shortcut-Technologie einer Pille, die Mühen zu umschiffen. Dieses Beispiel lässt sich auf vieles übertragen, das mit der Kultur des Digitalen zusammenhängt. Schüler argumentieren bereits, warum sie noch etwas lernen sollten, wenn das doch alles in Sekundenschnelle im Internet recherchierbar ist.
Der Reiz von Shortcut-Technologien liegt in ihrer Effizienz und der scheinbaren Demokratisierung von Fähigkeiten und Ergebnissen. Sie fügen sich nahtlos in Hartmut Rosas „Triple-A Approach“ (→ Technologieresonanz) ein, indem sie Dinge verfügbar (available), zugänglich (accesable) und erreichbar (achiveable) machen – und das schneller denn je. Doch gerade darin liegt auch ihre Ambivalenz: Denn sie drohen jene Momente auszublenden, die für Resonanzerfahrungen zentral sind – die Auseinandersetzung mit dem Prozess, die Mühe, das Aushalten von Unsicherheit, die persönliche Entwicklung und die Verwandlung des Selbst im Vollzug einer Praxis.
Shortcut-Technologien bergen somit die Gefahr eines kulturellen Reduktionismus. Der Weg wird dem Ziel geopfert, und mit ihm verschwindet oft die tiefere Bedeutung oder der transformative Charakter einer Handlung. Was bleibt, ist das Ergebnis – jedoch ohne die Erfahrung, die es mit Sinn auflädt.
Sprachmodelle als Beispiel für eine Shortcut-Technologie
Die durchschnittlichen Nutzer, die »Realos«, unterscheiden sich von Early Adopters. Nicht jede Innovation setzt sich durch, wie Second Life, Segway oder Google Glass zeigen – auch wenn manche ihrer Zeit voraus waren.
Die frühe Adaption von Technologie durch Realos steigt mit dem Grad einer Kultur der Digitalität.
Während das Radio 9 Jahre benötigte, um 50 Millionen Nutzer zu erreichen, schaffte der iPod dies in 9 Monaten. Felix Stalder erklärt, dass digitale Technologien dort Fuß fassen, ›wo Bedarf für sie schon vorhanden war‹, und ›mit bestimmten kulturellen Praktiken‹ verbunden sind. Neue Technologien bewegen sich ›vom Rand ins Zentrum‹, ermöglicht durch einen strukturellen Wandel der Gesellschaft. Shortcut-Technologien treffen also auf eine bereits angepasste → Kulturelle Praxis.
Es war also eine Kombination aus positiver Vision und Druck, die unterschiedlichste Akteure dazu motivierte, mit teilweise beträchtlichem Aufwand ihr bisheriges Verhalten, die etablierten Prozesse und gewachsenen Institutionen zu verändern.
In der Kultur der Digitalität existiert bereits ein kultureller Rahmen für frühe Technologieadaption.
ID BTBLGR-CMP-30
Kapitel 12.52
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