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Digitaler Tribalismus
Digitaler Tribalismus beschreibt die Bildung starker Online-Gruppen mit gemeinsamer Identität, die durch Echo-Kammern und Abgrenzung gekennzeichnet sind. Diese Dynamik fördert die Verbreitung von Fake News und verstärkt die Polarisierung in der Gesellschaft, während moralischer Tribalismus die Wahrnehmung von Fakten beeinflusst und die kollektive Identität über objektive Wahrheitsfindung priorisiert.
Verfasst von: Frank Stratmann
Digital Literacy
Update vom 12.04.2025
Digitaler Tribalismus beschreibt die Bildung von digitalen Stämmen oder Gruppen in Online-Umgebungen, die sich durch gemeinsame Interessen, Überzeugungen oder Identitäten definieren. Diese moderne Form der Tribalisierung manifestiert sich besonders stark in sozialen Medien und Online-Communitys.
Merkmale des digitalen Tribalismus
Starke Gruppenidentität: Mitglieder identifizieren sich stark mit ihrer digitalen Community
Eigene Codes und Sprache: Entwicklung spezifischer Kommunikationsformen und Insider-Begriffe
Echo-Kammern: Tendenz zur Verstärkung gemeinsamer Überzeugungen
Abgrenzung: Deutliche Unterscheidung zwischen »uns« und »den anderen«
Beispiel: Actionfiguren-Trend in sozialen Medien
Ein aktuelles Beispiel für digitalen Tribalismus zeigt sich im Phänomen der KI-generierten Actionfiguren in sozialen Medien. Dieser Trend demonstriert, wie sich digitale Gemeinschaften durch gemeinsame Praktiken und Ausdrucksformen bilden und verstärken. Manchmal erstrahlt lediglich die mediale Repräsentation anlässlich einer Kongressmesse, wie der DMEA.
Digitale Stammesbildung
Michael Seemann prägte den Begriff des digitalen Tribalismus, um ein tieferliegendes soziales Phänomen zu beschreiben, das die Verbreitung von Fake News und die Herausbildung ideologischer Gruppierungen im Internet erklärt. Er argumentiert, dass sich im digitalen Raum sogenannte „Stämme“ formieren, die sich sowohl ideologisch als auch kommunikativ von der übrigen Öffentlichkeit abgrenzen. Diese Gruppen eint nicht nur eine gemeinsame Themenagenda, sondern vor allem die Ablehnung des als „Mainstream“ empfundenen Diskurses. Fake News fungieren dabei weniger als Mittel zur bewussten Täuschung, sondern dienen als »Bestätigungsfutter« – als symbolische Munition im selbst erklärten Informationskrieg gegen die »Lügenpresse«.
Seemann erkennt in diesem Tribalismus eine neue Form sozialer Dynamik: Menschen vernetzen sich engmaschig über digitale Plattformen, ohne einander persönlich zu kennen. Die so entstehenden Gemeinschaften zeichnen sich durch starke interne Kohäsion und eine ausgeprägte Abgrenzung nach außen aus. Sie konstituieren sich entlang moralischer Narrative des „Wir gegen Sie“, was ihre kollektive Identität und Solidarität zusätzlich stärkt.
Seemanns Arbeiten zum digitalen Tribalismus sind in verschiedenen Quellen dokumentiert:
Sein Essay Digital Tribalism – The Real Story About Fake News ist als PDF auf seiner Website verfügbar.
Moralischer Tribalismus
Eine besondere Ausprägung ist der moralische Tribalismus, bei dem die Gruppenzugehörigkeit die Wahrnehmung und Bewertung von Fakten beeinflusst. Menschen tendieren dazu, Informationen zu bevorzugen, die ihre Gruppenzugehörigkeit bestätigen – auch wenn diese möglicherweise nicht der Wahrheit entsprechen.
Dieser Effekt führt zu mehreren problematischen Phänomenen:
Bestätigungsverzerrung: Bevorzugung von Informationen, die die eigene Gruppenposition stützen
Ablehnung gegenteiliger Evidenz: Fakten, die der Gruppenüberzeugung widersprechen, werden ignoriert oder umgedeutet
Emotionale Bindung: Gefühlsmäßige Verbundenheit mit der Gruppe überwiegt rationale Überlegungen
Identitätsbewahrung: Priorisierung der kollektiven Identität über objektive Wahrheitsfindung
Auswirkungen auf die digitale Gesellschaft
Die zunehmende digitale Tribalisierung hat weitreichende Folgen für den gesellschaftlichen Diskurs und die demokratische Meinungsbildung. Sie kann zu verstärkter Polarisierung führen und den konstruktiven Dialog zwischen verschiedenen Gruppen erschweren.
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