CRITICAL-Cycle
Dekonstruktion
Mustererkennung
Cultural Strategic Foresight
Mustererkennung ist entscheidend für das Verständnis komplexer Wirklichkeiten, da sie hilft, Ordnung in chaotischen Daten zu finden. Während KI Muster erkennen kann, bleibt die menschliche Fähigkeit zur Sinnstiftung und zur Veränderung der Intention einzigartig und wichtig für kritisches Denken und Orientierung in einer fragmentierten Welt.
Verfasst von: Frank Stratmann
1.22
Update vom 26.06.2025

Mustererkennung in der Causal Layered Analysis (CLA) und der Beitrag generativer KI
In der Causal Layered Analysis (CLA) ist die Mustererkennung auf der Ebene der Litanei von enormer Bedeutung. Diese oberste Schicht der CLA befasst sich mit quantitativen Trends, Ereignissen und Phänomenen, die unmittelbar sichtbar sind – genau jene Ebene, auf der unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit besonders deutlich wird. Ähnlich wie unsere menschliche Wahrnehmung durch Sinnfelder gefiltert wird, neigen wir dazu, in der Flut von Daten und Ereignissen bestimmte Muster zu erkennen und andere zu übersehen.
Mit dem Aufkommen großer Sprachmodelle eröffnet sich eine neue Dimension der Mustererkennung. Diese Systeme, die auf statistischen Berechnungen basieren, können in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß Daten verarbeiten und Muster identifizieren. Im Gegensatz zu unserer begrenzten menschlichen Wahrnehmung können sie eine Vielzahl von Gegenstandsbereichen erfassen und analysieren, ohne der kognitiven Dissonanz zu unterliegen, die wir erleben, wenn Muster auf Grundlage unserer eigenen Erfahrungen nicht mehr erkennbar sind.
Wenn wir akzeptieren, dass diese KI-Systeme auf Statistiken beruhen, die sich kontinuierlich verändern und anreichern können, wird ihr Potenzial für den Rapid Foresight Modus deutlich. Sie können uns helfen, wiederkehrende Muster in komplexen Situationen zu erkennen, die unserer begrenzten Wahrnehmung möglicherweise entgehen.
Allerdings bleibt ein entscheidender Unterschied: Während KI-Systeme Muster erkennen können, fehlt ihnen die menschliche Fähigkeit, ihre Intention spontan zu verändern – jenes »Gerichtetsein unserer Gedanken«, das unserem Leben Sinn und Orientierung verleiht. Die Kombination aus KI-gestützter Mustererkennung und menschlicher Sinnstiftung kann daher besonders wertvoll für die tieferen Ebenen der CLA sein, wo es um die Interpretation von Weltbildern und Mythen geht.
Forschungsfrage
Die Perspektivenvielfalt in unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit macht die Formulierung der richtigen Forschungsfragen zu Beginn des Cultural Foresight Prozesses unerlässlich. Da unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit grundsätzlich fehlerhaft, unvollständig und durch individuelle Sinnfelder gefiltert ist, bedarf es eines methodischen Ankers, der unterschiedliche Perspektiven integriert und zugleich fokussiert.
Während Mustererkennung uns hilft, Ordnung in der chaotischen Wirklichkeit zu finden, können die dabei entstehenden subjektiven Verzerrungen nur durch einen bewusst gestalteten Rahmen für unsere Untersuchungen ausgeglichen werden. Diese Fragen definieren also nicht nur den Untersuchungsgegenstand, sondern fördern auch die Reflexion über unsere epistemologische Position und schaffen so einen gemeinsamen Orientierungsrahmen.
Heute, wo wir zunehmend versuchen, »Substanz herzustellen«, um eine berechenbare Wirklichkeit zu simulieren, eröffnen präzise Forschungsfragen die Möglichkeit, die Vielfalt der Perspektiven produktiv zu nutzen und zukünftige Konfliktlinien zu identifizieren, anstatt in kognitiver Dissonanz zu verharren.
Die fehlerhafte Kontaktaufnahme des Menschen mit der Wirklichkeit
Es gibt eine fundamentale Eigenschaft des menschlichen Seins. Unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist grundsätzlich fehlerhaft und genau aus diesem Grund sinnstiftend. Verstehen wir Sinn zunächst nicht als höchste Gattung von Vernunft. Die Erscheinungsweise von Wirklichkeit ist stets perspektivisch und somit unvollständig. Als Menschen wissen wir intuitiv, dass unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit fehleranfällig ist. Deshalb bewegen wir uns in ihr entsprechend und finden Orientierung entlang der Dinge, die wir kennen.
Die menschliche Wahrnehmung erfolgt durch sogenannte »Sinnfelder«-Perspektiven, die bestimmte Aspekte der Wirklichkeit hervorheben und andere ausblenden. Sinn ist die Anordnung der Dinge in einer gegebenen Situation, die dafür sorgt, dass die Dinge Sinn ergeben. Wir können niemals eine vollständige, objektive Erfassung der Realität erreichen.
Diese Begrenztheit führt paradoxerweise zu unserer Fähigkeit der Mustererkennung. Der Mensch ist in der Lage, in der Flut unendlicher Sinnfelder bedeutungsvolle Strukturen zu erkennen. Wir versuchen stets, Ordnung in die chaotische Wirklichkeit zu bringen, indem wir Muster wahrnehmen. Wenn die Muster nicht mehr oder nur sehr schwer erkennbar werden, verlieren wir die Orientierung. Manchmal verändern sich eigentlich vertraute Umgebungen so rasant, dass wir entsprechende Dissonanzen erleben. Die kognitive Dissonanz ist hier sicher eine der am häufigsten.
Folgende Situation: Sie stehen auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums. Eine Variante der Situation könnte sein, dass sie den Eingang des Einkaufszentrums suchen, ihn allerdings nicht gleich entdecken. Aus ihren Erfahrungen wissen Sie, dass es einen Eingang geben muss. Wer baut einen großen Parkplatz mit Einkaufszentrum, in das man nicht hineingehen könnte? Nach längerem Suchen finden Sie keinen Haupteingang. Jedoch zeigt sich eine kleine Tür an der Rückseite des Gebäudes, die eher nach einem Fluchtweg aussieht. Sie musste vollständig um das Gebäude herumgehen. Tatsächlich befindet sich hinter dieser Tür das Innere eine großen Einkaufszentrums, und sie treten ein. Ergibt das Sinn? Aufgrund ihrer Erfahrungen kaum. Aber die Wirklichkeit ist so, wie sie sich in dieser Situation präsentiert. Später folgen Sie den anderen Menschen und erkennen, dass das Einkaufszentrum vom Untergeschoss betreten wird. Auf dem Parkplatz befindet sich eine Passage, die sie hinter eine langen Reihe von Autos nicht entdeckt haben. Sie verlassen das Gebäude über diesen seltsam anmutenden Weg, erkennen aber, dass sie auf einem zweiten Parkplatz stehen, auf dem sie offensichtlich ihr Auto nicht abgestellt haben. Also sie später im Auto sitzen und die Situation sich aufklärt und die Dinge sich in ihrem Geiste wieder sortieren, bewerten sie das Erlebte und kommen zu dem Schluss: »Das macht doch alles keinen Sinn«.
Besonders interessant sind diese Beobachtungen, dass wir schon seit längerer Zeit immer stärker versuchen, Substanz herzustellen – also die Illusion einer beständigen, berechenbaren Wirklichkeit. Doch genau dieser Versuch scheitert regelmäßig an der Unberechenbarkeit des Lebens. Berechenbarkeit können wir hier wörtlich nehmen. Die Mathematisierung unserer Lebenswirklichkeit greift heute schon durch bis auf unser Verhalten, das soziale Netzwerke messen, um unsere Wirklichkeit anzupassen, mit Beiträgen, die uns mutmaßlich gefallen.
Substanz herstellen
Historisch haben Menschen immer versucht, »Substanz herzustellen«, indem sie Erklärungsmodelle für die unberechenbare Welt schufen. Auf der Ebene der Mythen und Metaphern in der Causal Layered Analysis wird dies besonders deutlich: Der Donner war nicht einfach ein atmosphärisches Phänomen, sondern Thor mit seinem Hammer oder Zeus’ Zorn. Der launische Wasserfall wurde nicht durch Niederschlagsschwankungen, sondern durch das Gemüt von Manitu erklärt. Diese mythologischen Narrative dienten nicht nur zur Erklärung unerklärlicher Phänomene, sondern gaben den Menschen auch einen Handlungsrahmen – durch Opfergaben oder Rituale konnte man versuchen, Einfluss auf diese Kräfte zu nehmen.
Während die moderne Wissenschaft viele dieser Phänomene entzaubert hat, bleibt unser grundlegendes Bedürfnis nach »Substanzhaftigkeit« der Wirklichkeit unverändert. Der Unterschied liegt darin, dass wir heute versuchen, diese Substanz durch digitale Modelle, Algorithmen und Simulationen herzustellen – Werkzeuge, die uns Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit versprechen. Die tieferliegende Schicht der Mythen und Metaphern in der CLA zeigt uns, dass dieses Streben nach Ordnung und Kontrolle eine anthropologische Konstante darstellt, die sich lediglich in ihrer Ausdrucksform wandelt. Wir kommen später im Verlauf der Dekonstruktion zur Schicht der Mythen und Metaphern und verstehen das dann besser.
Die Bedeutung aktiver Mustererkennung im kritischen Denken
In einer zunehmend fragmentierten und granularen Wirklichkeit wird die aktive Mustererkennung zu einem unverzichtbaren Werkzeug des kritischen Denkens. Sie ermöglicht es uns, in der Flut von Informationen, Perspektiven und widersprüchlichen Narrativen Orientierung zu finden und kohärente Strukturen zu erkennen.
Auf der oberflächlichen Ebene der Litanei – der ersten Schicht der CLA – beobachten wir heute eine beispiellose Perspektivendivergenz. Neben menschlichen Akteuren und Systemen gestalten nun auch digitale Aktanten (vernetzte maschinelle Entitäten) unsere Wirklichkeitswahrnehmung aktiv mit. Diese Vielzahl an Perspektiven führt nicht nur zu einer Fragmentierung unserer gemeinsamen Wirklichkeit, sondern auch zu einer Granulierung der Diskurse.
Diese Entwicklung stellt den pluralistischen Austausch vor enorme Herausforderungen: Wie können wir einen konstruktiven Dialog führen, wenn die gemeinsame Wahrnehmungsbasis schwindet? Hier gewinnt die systematische Beobachtung und Auswertung der Litanei – also der sichtbaren Trends, Daten und Ereignisse – eine herausragende Bedeutung. Durch die bewusste und methodische Mustererkennung können wir:
Die Gemeinsamkeiten in divergierenden Perspektiven identifizieren.
Wiederholende Strukturen in scheinbar chaotischen Entwicklungen erkennen.
Unterschiede zwischen zufälligen Ereignissen und systemischen Trends ausmachen.
Die Verzerrungen in unserer eigenen Wahrnehmung bewusst reflektieren.
Im Kontext sich verändernder Gesundheitsmärkte bedeutet dies konkret, dass wir durch systematische Mustererkennung die komplexen Wechselwirkungen zwischen technologischen Innovationen, regulatorischen Rahmenbedingungen, Marktdynamiken und gesellschaftlichen Bedürfnissen besser verstehen können. Dies schafft die Grundlage für eine fundierte Orientierung in einem hochdynamischen Umfeld.
Die aktive Mustererkennung als Element kritischen Denkens unterscheidet sich dabei wesentlich von der rein algorithmischen Mustererkennung durch KI-Systeme: Während letztere auf statistischen Korrelationen basiert, verbindet menschliches kritisches Denken die erkannten Muster mit Bedeutung, Werten und intentionaler Gerichtetheit. So wird Mustererkennung zum Brückenschlag zwischen der oberflächlichen Ebene der Litanei und den tieferen Schichten der Weltbilder und Mythen.
Ergo
Unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist keine Schwäche, sondern eine grundlegende Eigenschaft des menschlichen Daseins. Sie unterscheidet uns von den mustererkennenden Maschinen dadurch, dass wir unsere Intention von jetzt auf gleich verändern können. Das Gerichtetsein unserer Gedanken ist ausschlaggebend, unserem Leben Sinn zu verleihen, als Orientierung.
Wenn wir Sinn und Orientierung näher betrachten, erkennen wir eine tiefe sprachliche und konzeptuelle Verwandtschaft. Etymologisch betrachtet leitet sich das Wort »Sinn« vom althochdeutschen »sinnan« ab, was »reisen, streben, eine Richtung nehmen« bedeutet. Orientierung hingegen kommt vom lateinischen »oriens« (Osten, Sonnenaufgang) – der Richtung, nach der man sich traditionell ausrichtete.
Beide Konzepte beschreiben im Kern den Prozess des Sich-Zurechtfindens in der Welt:
Sinn gibt Orientierung: Wenn etwas »Sinn ergibt«, können wir uns darin zurechtfinden und eine Richtung erkennen
Orientierung schafft Sinn: Wenn wir uns orientieren können, empfinden wir eine Situation als sinnvoll
In beiden Fällen geht es um das Erkennen von Mustern und Strukturen, die uns helfen, uns in der Komplexität der Wirklichkeit zurechtzufinden. Wenn wir sagen, dass etwas »keinen Sinn ergibt«, meinen wir damit oft, dass wir uns nicht orientieren können – wie in dem Beispiel des verwirrenden Einkaufszentrums. Die Desorientierung und der Sinnverlust sind zwei Seiten derselben Medaille.
Mustererkennung ist letztlich der Schlüssel, mit dem wir Zugang zur chaotischen Wirklichkeit finden. In einer Zeit, in der die Granularität und Fragmentierung unserer Wahrnehmungswelten zunimmt, wird die bewusste und kritische Mustererkennung zur zentralen Kompetenz für sinnstiftendes Denken und Handeln. Sie verbindet die oberflächliche Ebene der täglichen Ereignisse mit den tieferen Schichten unserer Weltbilder und kulturellen Mythen.
Als reflexive Praxis ermöglicht uns Mustererkennung nicht nur, Ordnung in einer chaotischen Welt zu finden, sondern auch, die Grenzen und Verzerrungen unserer eigenen Wahrnehmung zu erkennen. In diesem Spannungsfeld zwischen erkennbaren Mustern und grundsätzlicher Unberechenbarkeit entfaltet sich die menschliche Fähigkeit zur Sinnstiftung – ein komplexer Prozess, der uns von rein algorithmischen Systemen unterscheidet und unsere einzigartige Position in der Welt definiert.
Die Causal Layered Analysis mit ihrem vielschichtigen Zugang zur Wirklichkeit bietet dabei einen wertvollen methodischen Rahmen, um Muster nicht nur zu erkennen, sondern auch in ihrer Tiefe zu verstehen und zu kontextualisieren. Damit wird Mustererkennung vom bloßen Werkzeug zur Orientierung zum essenziellen Element einer aufgeklärten, reflektierten Beziehung zur Wirklichkeit.
CRITICAL-Cycle
1.22
Mustererkennung
Cultural Strategic Foresight
Mustererkennung in der Causal Layered Analysis (CLA) und der Beitrag generativer KI
In der Causal Layered Analysis (CLA) ist die Mustererkennung auf der Ebene der Litanei von enormer Bedeutung. Diese oberste Schicht der CLA befasst sich mit quantitativen Trends, Ereignissen und Phänomenen, die unmittelbar sichtbar sind – genau jene Ebene, auf der unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit besonders deutlich wird. Ähnlich wie unsere menschliche Wahrnehmung durch Sinnfelder gefiltert wird, neigen wir dazu, in der Flut von Daten und Ereignissen bestimmte Muster zu erkennen und andere zu übersehen.
Mit dem Aufkommen großer Sprachmodelle eröffnet sich eine neue Dimension der Mustererkennung. Diese Systeme, die auf statistischen Berechnungen basieren, können in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß Daten verarbeiten und Muster identifizieren. Im Gegensatz zu unserer begrenzten menschlichen Wahrnehmung können sie eine Vielzahl von Gegenstandsbereichen erfassen und analysieren, ohne der kognitiven Dissonanz zu unterliegen, die wir erleben, wenn Muster auf Grundlage unserer eigenen Erfahrungen nicht mehr erkennbar sind.
Wenn wir akzeptieren, dass diese KI-Systeme auf Statistiken beruhen, die sich kontinuierlich verändern und anreichern können, wird ihr Potenzial für den Rapid Foresight Modus deutlich. Sie können uns helfen, wiederkehrende Muster in komplexen Situationen zu erkennen, die unserer begrenzten Wahrnehmung möglicherweise entgehen.
Allerdings bleibt ein entscheidender Unterschied: Während KI-Systeme Muster erkennen können, fehlt ihnen die menschliche Fähigkeit, ihre Intention spontan zu verändern – jenes »Gerichtetsein unserer Gedanken«, das unserem Leben Sinn und Orientierung verleiht. Die Kombination aus KI-gestützter Mustererkennung und menschlicher Sinnstiftung kann daher besonders wertvoll für die tieferen Ebenen der CLA sein, wo es um die Interpretation von Weltbildern und Mythen geht.
Forschungsfrage
Die Perspektivenvielfalt in unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit macht die Formulierung der richtigen Forschungsfragen zu Beginn des Cultural Foresight Prozesses unerlässlich. Da unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit grundsätzlich fehlerhaft, unvollständig und durch individuelle Sinnfelder gefiltert ist, bedarf es eines methodischen Ankers, der unterschiedliche Perspektiven integriert und zugleich fokussiert.
Während Mustererkennung uns hilft, Ordnung in der chaotischen Wirklichkeit zu finden, können die dabei entstehenden subjektiven Verzerrungen nur durch einen bewusst gestalteten Rahmen für unsere Untersuchungen ausgeglichen werden. Diese Fragen definieren also nicht nur den Untersuchungsgegenstand, sondern fördern auch die Reflexion über unsere epistemologische Position und schaffen so einen gemeinsamen Orientierungsrahmen.
Heute, wo wir zunehmend versuchen, »Substanz herzustellen«, um eine berechenbare Wirklichkeit zu simulieren, eröffnen präzise Forschungsfragen die Möglichkeit, die Vielfalt der Perspektiven produktiv zu nutzen und zukünftige Konfliktlinien zu identifizieren, anstatt in kognitiver Dissonanz zu verharren.
Die fehlerhafte Kontaktaufnahme des Menschen mit der Wirklichkeit
Es gibt eine fundamentale Eigenschaft des menschlichen Seins. Unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist grundsätzlich fehlerhaft und genau aus diesem Grund sinnstiftend. Verstehen wir Sinn zunächst nicht als höchste Gattung von Vernunft. Die Erscheinungsweise von Wirklichkeit ist stets perspektivisch und somit unvollständig. Als Menschen wissen wir intuitiv, dass unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit fehleranfällig ist. Deshalb bewegen wir uns in ihr entsprechend und finden Orientierung entlang der Dinge, die wir kennen.
Die menschliche Wahrnehmung erfolgt durch sogenannte »Sinnfelder«-Perspektiven, die bestimmte Aspekte der Wirklichkeit hervorheben und andere ausblenden. Sinn ist die Anordnung der Dinge in einer gegebenen Situation, die dafür sorgt, dass die Dinge Sinn ergeben. Wir können niemals eine vollständige, objektive Erfassung der Realität erreichen.
Diese Begrenztheit führt paradoxerweise zu unserer Fähigkeit der Mustererkennung. Der Mensch ist in der Lage, in der Flut unendlicher Sinnfelder bedeutungsvolle Strukturen zu erkennen. Wir versuchen stets, Ordnung in die chaotische Wirklichkeit zu bringen, indem wir Muster wahrnehmen. Wenn die Muster nicht mehr oder nur sehr schwer erkennbar werden, verlieren wir die Orientierung. Manchmal verändern sich eigentlich vertraute Umgebungen so rasant, dass wir entsprechende Dissonanzen erleben. Die kognitive Dissonanz ist hier sicher eine der am häufigsten.
Folgende Situation: Sie stehen auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums. Eine Variante der Situation könnte sein, dass sie den Eingang des Einkaufszentrums suchen, ihn allerdings nicht gleich entdecken. Aus ihren Erfahrungen wissen Sie, dass es einen Eingang geben muss. Wer baut einen großen Parkplatz mit Einkaufszentrum, in das man nicht hineingehen könnte? Nach längerem Suchen finden Sie keinen Haupteingang. Jedoch zeigt sich eine kleine Tür an der Rückseite des Gebäudes, die eher nach einem Fluchtweg aussieht. Sie musste vollständig um das Gebäude herumgehen. Tatsächlich befindet sich hinter dieser Tür das Innere eine großen Einkaufszentrums, und sie treten ein. Ergibt das Sinn? Aufgrund ihrer Erfahrungen kaum. Aber die Wirklichkeit ist so, wie sie sich in dieser Situation präsentiert. Später folgen Sie den anderen Menschen und erkennen, dass das Einkaufszentrum vom Untergeschoss betreten wird. Auf dem Parkplatz befindet sich eine Passage, die sie hinter eine langen Reihe von Autos nicht entdeckt haben. Sie verlassen das Gebäude über diesen seltsam anmutenden Weg, erkennen aber, dass sie auf einem zweiten Parkplatz stehen, auf dem sie offensichtlich ihr Auto nicht abgestellt haben. Also sie später im Auto sitzen und die Situation sich aufklärt und die Dinge sich in ihrem Geiste wieder sortieren, bewerten sie das Erlebte und kommen zu dem Schluss: »Das macht doch alles keinen Sinn«.
Besonders interessant sind diese Beobachtungen, dass wir schon seit längerer Zeit immer stärker versuchen, Substanz herzustellen – also die Illusion einer beständigen, berechenbaren Wirklichkeit. Doch genau dieser Versuch scheitert regelmäßig an der Unberechenbarkeit des Lebens. Berechenbarkeit können wir hier wörtlich nehmen. Die Mathematisierung unserer Lebenswirklichkeit greift heute schon durch bis auf unser Verhalten, das soziale Netzwerke messen, um unsere Wirklichkeit anzupassen, mit Beiträgen, die uns mutmaßlich gefallen.
Substanz herstellen
Historisch haben Menschen immer versucht, »Substanz herzustellen«, indem sie Erklärungsmodelle für die unberechenbare Welt schufen. Auf der Ebene der Mythen und Metaphern in der Causal Layered Analysis wird dies besonders deutlich: Der Donner war nicht einfach ein atmosphärisches Phänomen, sondern Thor mit seinem Hammer oder Zeus’ Zorn. Der launische Wasserfall wurde nicht durch Niederschlagsschwankungen, sondern durch das Gemüt von Manitu erklärt. Diese mythologischen Narrative dienten nicht nur zur Erklärung unerklärlicher Phänomene, sondern gaben den Menschen auch einen Handlungsrahmen – durch Opfergaben oder Rituale konnte man versuchen, Einfluss auf diese Kräfte zu nehmen.
Während die moderne Wissenschaft viele dieser Phänomene entzaubert hat, bleibt unser grundlegendes Bedürfnis nach »Substanzhaftigkeit« der Wirklichkeit unverändert. Der Unterschied liegt darin, dass wir heute versuchen, diese Substanz durch digitale Modelle, Algorithmen und Simulationen herzustellen – Werkzeuge, die uns Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit versprechen. Die tieferliegende Schicht der Mythen und Metaphern in der CLA zeigt uns, dass dieses Streben nach Ordnung und Kontrolle eine anthropologische Konstante darstellt, die sich lediglich in ihrer Ausdrucksform wandelt. Wir kommen später im Verlauf der Dekonstruktion zur Schicht der Mythen und Metaphern und verstehen das dann besser.
Die Bedeutung aktiver Mustererkennung im kritischen Denken
In einer zunehmend fragmentierten und granularen Wirklichkeit wird die aktive Mustererkennung zu einem unverzichtbaren Werkzeug des kritischen Denkens. Sie ermöglicht es uns, in der Flut von Informationen, Perspektiven und widersprüchlichen Narrativen Orientierung zu finden und kohärente Strukturen zu erkennen.
Auf der oberflächlichen Ebene der Litanei – der ersten Schicht der CLA – beobachten wir heute eine beispiellose Perspektivendivergenz. Neben menschlichen Akteuren und Systemen gestalten nun auch digitale Aktanten (vernetzte maschinelle Entitäten) unsere Wirklichkeitswahrnehmung aktiv mit. Diese Vielzahl an Perspektiven führt nicht nur zu einer Fragmentierung unserer gemeinsamen Wirklichkeit, sondern auch zu einer Granulierung der Diskurse.
Diese Entwicklung stellt den pluralistischen Austausch vor enorme Herausforderungen: Wie können wir einen konstruktiven Dialog führen, wenn die gemeinsame Wahrnehmungsbasis schwindet? Hier gewinnt die systematische Beobachtung und Auswertung der Litanei – also der sichtbaren Trends, Daten und Ereignisse – eine herausragende Bedeutung. Durch die bewusste und methodische Mustererkennung können wir:
Die Gemeinsamkeiten in divergierenden Perspektiven identifizieren.
Wiederholende Strukturen in scheinbar chaotischen Entwicklungen erkennen.
Unterschiede zwischen zufälligen Ereignissen und systemischen Trends ausmachen.
Die Verzerrungen in unserer eigenen Wahrnehmung bewusst reflektieren.
Im Kontext sich verändernder Gesundheitsmärkte bedeutet dies konkret, dass wir durch systematische Mustererkennung die komplexen Wechselwirkungen zwischen technologischen Innovationen, regulatorischen Rahmenbedingungen, Marktdynamiken und gesellschaftlichen Bedürfnissen besser verstehen können. Dies schafft die Grundlage für eine fundierte Orientierung in einem hochdynamischen Umfeld.
Die aktive Mustererkennung als Element kritischen Denkens unterscheidet sich dabei wesentlich von der rein algorithmischen Mustererkennung durch KI-Systeme: Während letztere auf statistischen Korrelationen basiert, verbindet menschliches kritisches Denken die erkannten Muster mit Bedeutung, Werten und intentionaler Gerichtetheit. So wird Mustererkennung zum Brückenschlag zwischen der oberflächlichen Ebene der Litanei und den tieferen Schichten der Weltbilder und Mythen.
Ergo
Unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist keine Schwäche, sondern eine grundlegende Eigenschaft des menschlichen Daseins. Sie unterscheidet uns von den mustererkennenden Maschinen dadurch, dass wir unsere Intention von jetzt auf gleich verändern können. Das Gerichtetsein unserer Gedanken ist ausschlaggebend, unserem Leben Sinn zu verleihen, als Orientierung.
Wenn wir Sinn und Orientierung näher betrachten, erkennen wir eine tiefe sprachliche und konzeptuelle Verwandtschaft. Etymologisch betrachtet leitet sich das Wort »Sinn« vom althochdeutschen »sinnan« ab, was »reisen, streben, eine Richtung nehmen« bedeutet. Orientierung hingegen kommt vom lateinischen »oriens« (Osten, Sonnenaufgang) – der Richtung, nach der man sich traditionell ausrichtete.
Beide Konzepte beschreiben im Kern den Prozess des Sich-Zurechtfindens in der Welt:
Sinn gibt Orientierung: Wenn etwas »Sinn ergibt«, können wir uns darin zurechtfinden und eine Richtung erkennen
Orientierung schafft Sinn: Wenn wir uns orientieren können, empfinden wir eine Situation als sinnvoll
In beiden Fällen geht es um das Erkennen von Mustern und Strukturen, die uns helfen, uns in der Komplexität der Wirklichkeit zurechtzufinden. Wenn wir sagen, dass etwas »keinen Sinn ergibt«, meinen wir damit oft, dass wir uns nicht orientieren können – wie in dem Beispiel des verwirrenden Einkaufszentrums. Die Desorientierung und der Sinnverlust sind zwei Seiten derselben Medaille.
Mustererkennung ist letztlich der Schlüssel, mit dem wir Zugang zur chaotischen Wirklichkeit finden. In einer Zeit, in der die Granularität und Fragmentierung unserer Wahrnehmungswelten zunimmt, wird die bewusste und kritische Mustererkennung zur zentralen Kompetenz für sinnstiftendes Denken und Handeln. Sie verbindet die oberflächliche Ebene der täglichen Ereignisse mit den tieferen Schichten unserer Weltbilder und kulturellen Mythen.
Als reflexive Praxis ermöglicht uns Mustererkennung nicht nur, Ordnung in einer chaotischen Welt zu finden, sondern auch, die Grenzen und Verzerrungen unserer eigenen Wahrnehmung zu erkennen. In diesem Spannungsfeld zwischen erkennbaren Mustern und grundsätzlicher Unberechenbarkeit entfaltet sich die menschliche Fähigkeit zur Sinnstiftung – ein komplexer Prozess, der uns von rein algorithmischen Systemen unterscheidet und unsere einzigartige Position in der Welt definiert.
Die Causal Layered Analysis mit ihrem vielschichtigen Zugang zur Wirklichkeit bietet dabei einen wertvollen methodischen Rahmen, um Muster nicht nur zu erkennen, sondern auch in ihrer Tiefe zu verstehen und zu kontextualisieren. Damit wird Mustererkennung vom bloßen Werkzeug zur Orientierung zum essenziellen Element einer aufgeklärten, reflektierten Beziehung zur Wirklichkeit.
Mustererkennung ist entscheidend für das Verständnis komplexer Wirklichkeiten, da sie hilft, Ordnung in chaotischen Daten zu finden. Während KI Muster erkennen kann, bleibt die menschliche Fähigkeit zur Sinnstiftung und zur Veränderung der Intention einzigartig und wichtig für kritisches Denken und Orientierung in einer fragmentierten Welt.
Phänomene im Cultural Foresight Framework werden als ontologische Manifestationen betrachtet, die zunächst in ihrer Existenz erkannt werden müssen, bevor sie analysiert werden. Die Identifikation dieser Phänomene ist entscheidend, um kulturelle Dynamiken zu verstehen. Probleme wie die unzureichende Umsetzung der elektronischen Patientenakte in Deutschland verdeutlichen die Diskrepanz zwischen technologischen Möglichkeiten und deren Implementierung, während präzise Begriffsklärungen für tiefere Analysen unerlässlich sind.
Verfasst von: Frank Stratmann
1.22
Update vom 26.06.2025
CRITICAL-Cycle
Dekonstruktion
mustererkennung
Mustererkennung
Content
Mustererkennung in der Causal Layered Analysis (CLA) und der Beitrag generativer KI
In der Causal Layered Analysis (CLA) ist die Mustererkennung auf der Ebene der Litanei von enormer Bedeutung. Diese oberste Schicht der CLA befasst sich mit quantitativen Trends, Ereignissen und Phänomenen, die unmittelbar sichtbar sind – genau jene Ebene, auf der unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit besonders deutlich wird. Ähnlich wie unsere menschliche Wahrnehmung durch Sinnfelder gefiltert wird, neigen wir dazu, in der Flut von Daten und Ereignissen bestimmte Muster zu erkennen und andere zu übersehen.
Mit dem Aufkommen großer Sprachmodelle eröffnet sich eine neue Dimension der Mustererkennung. Diese Systeme, die auf statistischen Berechnungen basieren, können in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß Daten verarbeiten und Muster identifizieren. Im Gegensatz zu unserer begrenzten menschlichen Wahrnehmung können sie eine Vielzahl von Gegenstandsbereichen erfassen und analysieren, ohne der kognitiven Dissonanz zu unterliegen, die wir erleben, wenn Muster auf Grundlage unserer eigenen Erfahrungen nicht mehr erkennbar sind.
Wenn wir akzeptieren, dass diese KI-Systeme auf Statistiken beruhen, die sich kontinuierlich verändern und anreichern können, wird ihr Potenzial für den Rapid Foresight Modus deutlich. Sie können uns helfen, wiederkehrende Muster in komplexen Situationen zu erkennen, die unserer begrenzten Wahrnehmung möglicherweise entgehen.
Allerdings bleibt ein entscheidender Unterschied: Während KI-Systeme Muster erkennen können, fehlt ihnen die menschliche Fähigkeit, ihre Intention spontan zu verändern – jenes »Gerichtetsein unserer Gedanken«, das unserem Leben Sinn und Orientierung verleiht. Die Kombination aus KI-gestützter Mustererkennung und menschlicher Sinnstiftung kann daher besonders wertvoll für die tieferen Ebenen der CLA sein, wo es um die Interpretation von Weltbildern und Mythen geht.
Forschungsfrage
Die Perspektivenvielfalt in unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit macht die Formulierung der richtigen Forschungsfragen zu Beginn des Cultural Foresight Prozesses unerlässlich. Da unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit grundsätzlich fehlerhaft, unvollständig und durch individuelle Sinnfelder gefiltert ist, bedarf es eines methodischen Ankers, der unterschiedliche Perspektiven integriert und zugleich fokussiert.
Während Mustererkennung uns hilft, Ordnung in der chaotischen Wirklichkeit zu finden, können die dabei entstehenden subjektiven Verzerrungen nur durch einen bewusst gestalteten Rahmen für unsere Untersuchungen ausgeglichen werden. Diese Fragen definieren also nicht nur den Untersuchungsgegenstand, sondern fördern auch die Reflexion über unsere epistemologische Position und schaffen so einen gemeinsamen Orientierungsrahmen.
Heute, wo wir zunehmend versuchen, »Substanz herzustellen«, um eine berechenbare Wirklichkeit zu simulieren, eröffnen präzise Forschungsfragen die Möglichkeit, die Vielfalt der Perspektiven produktiv zu nutzen und zukünftige Konfliktlinien zu identifizieren, anstatt in kognitiver Dissonanz zu verharren.
Die fehlerhafte Kontaktaufnahme des Menschen mit der Wirklichkeit
Es gibt eine fundamentale Eigenschaft des menschlichen Seins. Unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist grundsätzlich fehlerhaft und genau aus diesem Grund sinnstiftend. Verstehen wir Sinn zunächst nicht als höchste Gattung von Vernunft. Die Erscheinungsweise von Wirklichkeit ist stets perspektivisch und somit unvollständig. Als Menschen wissen wir intuitiv, dass unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit fehleranfällig ist. Deshalb bewegen wir uns in ihr entsprechend und finden Orientierung entlang der Dinge, die wir kennen.
Die menschliche Wahrnehmung erfolgt durch sogenannte »Sinnfelder«-Perspektiven, die bestimmte Aspekte der Wirklichkeit hervorheben und andere ausblenden. Sinn ist die Anordnung der Dinge in einer gegebenen Situation, die dafür sorgt, dass die Dinge Sinn ergeben. Wir können niemals eine vollständige, objektive Erfassung der Realität erreichen.
Diese Begrenztheit führt paradoxerweise zu unserer Fähigkeit der Mustererkennung. Der Mensch ist in der Lage, in der Flut unendlicher Sinnfelder bedeutungsvolle Strukturen zu erkennen. Wir versuchen stets, Ordnung in die chaotische Wirklichkeit zu bringen, indem wir Muster wahrnehmen. Wenn die Muster nicht mehr oder nur sehr schwer erkennbar werden, verlieren wir die Orientierung. Manchmal verändern sich eigentlich vertraute Umgebungen so rasant, dass wir entsprechende Dissonanzen erleben. Die kognitive Dissonanz ist hier sicher eine der am häufigsten.
Folgende Situation: Sie stehen auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums. Eine Variante der Situation könnte sein, dass sie den Eingang des Einkaufszentrums suchen, ihn allerdings nicht gleich entdecken. Aus ihren Erfahrungen wissen Sie, dass es einen Eingang geben muss. Wer baut einen großen Parkplatz mit Einkaufszentrum, in das man nicht hineingehen könnte? Nach längerem Suchen finden Sie keinen Haupteingang. Jedoch zeigt sich eine kleine Tür an der Rückseite des Gebäudes, die eher nach einem Fluchtweg aussieht. Sie musste vollständig um das Gebäude herumgehen. Tatsächlich befindet sich hinter dieser Tür das Innere eine großen Einkaufszentrums, und sie treten ein. Ergibt das Sinn? Aufgrund ihrer Erfahrungen kaum. Aber die Wirklichkeit ist so, wie sie sich in dieser Situation präsentiert. Später folgen Sie den anderen Menschen und erkennen, dass das Einkaufszentrum vom Untergeschoss betreten wird. Auf dem Parkplatz befindet sich eine Passage, die sie hinter eine langen Reihe von Autos nicht entdeckt haben. Sie verlassen das Gebäude über diesen seltsam anmutenden Weg, erkennen aber, dass sie auf einem zweiten Parkplatz stehen, auf dem sie offensichtlich ihr Auto nicht abgestellt haben. Also sie später im Auto sitzen und die Situation sich aufklärt und die Dinge sich in ihrem Geiste wieder sortieren, bewerten sie das Erlebte und kommen zu dem Schluss: »Das macht doch alles keinen Sinn«.
Besonders interessant sind diese Beobachtungen, dass wir schon seit längerer Zeit immer stärker versuchen, Substanz herzustellen – also die Illusion einer beständigen, berechenbaren Wirklichkeit. Doch genau dieser Versuch scheitert regelmäßig an der Unberechenbarkeit des Lebens. Berechenbarkeit können wir hier wörtlich nehmen. Die Mathematisierung unserer Lebenswirklichkeit greift heute schon durch bis auf unser Verhalten, das soziale Netzwerke messen, um unsere Wirklichkeit anzupassen, mit Beiträgen, die uns mutmaßlich gefallen.
Substanz herstellen
Historisch haben Menschen immer versucht, »Substanz herzustellen«, indem sie Erklärungsmodelle für die unberechenbare Welt schufen. Auf der Ebene der Mythen und Metaphern in der Causal Layered Analysis wird dies besonders deutlich: Der Donner war nicht einfach ein atmosphärisches Phänomen, sondern Thor mit seinem Hammer oder Zeus’ Zorn. Der launische Wasserfall wurde nicht durch Niederschlagsschwankungen, sondern durch das Gemüt von Manitu erklärt. Diese mythologischen Narrative dienten nicht nur zur Erklärung unerklärlicher Phänomene, sondern gaben den Menschen auch einen Handlungsrahmen – durch Opfergaben oder Rituale konnte man versuchen, Einfluss auf diese Kräfte zu nehmen.
Während die moderne Wissenschaft viele dieser Phänomene entzaubert hat, bleibt unser grundlegendes Bedürfnis nach »Substanzhaftigkeit« der Wirklichkeit unverändert. Der Unterschied liegt darin, dass wir heute versuchen, diese Substanz durch digitale Modelle, Algorithmen und Simulationen herzustellen – Werkzeuge, die uns Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit versprechen. Die tieferliegende Schicht der Mythen und Metaphern in der CLA zeigt uns, dass dieses Streben nach Ordnung und Kontrolle eine anthropologische Konstante darstellt, die sich lediglich in ihrer Ausdrucksform wandelt. Wir kommen später im Verlauf der Dekonstruktion zur Schicht der Mythen und Metaphern und verstehen das dann besser.
Die Bedeutung aktiver Mustererkennung im kritischen Denken
In einer zunehmend fragmentierten und granularen Wirklichkeit wird die aktive Mustererkennung zu einem unverzichtbaren Werkzeug des kritischen Denkens. Sie ermöglicht es uns, in der Flut von Informationen, Perspektiven und widersprüchlichen Narrativen Orientierung zu finden und kohärente Strukturen zu erkennen.
Auf der oberflächlichen Ebene der Litanei – der ersten Schicht der CLA – beobachten wir heute eine beispiellose Perspektivendivergenz. Neben menschlichen Akteuren und Systemen gestalten nun auch digitale Aktanten (vernetzte maschinelle Entitäten) unsere Wirklichkeitswahrnehmung aktiv mit. Diese Vielzahl an Perspektiven führt nicht nur zu einer Fragmentierung unserer gemeinsamen Wirklichkeit, sondern auch zu einer Granulierung der Diskurse.
Diese Entwicklung stellt den pluralistischen Austausch vor enorme Herausforderungen: Wie können wir einen konstruktiven Dialog führen, wenn die gemeinsame Wahrnehmungsbasis schwindet? Hier gewinnt die systematische Beobachtung und Auswertung der Litanei – also der sichtbaren Trends, Daten und Ereignisse – eine herausragende Bedeutung. Durch die bewusste und methodische Mustererkennung können wir:
Die Gemeinsamkeiten in divergierenden Perspektiven identifizieren.
Wiederholende Strukturen in scheinbar chaotischen Entwicklungen erkennen.
Unterschiede zwischen zufälligen Ereignissen und systemischen Trends ausmachen.
Die Verzerrungen in unserer eigenen Wahrnehmung bewusst reflektieren.
Im Kontext sich verändernder Gesundheitsmärkte bedeutet dies konkret, dass wir durch systematische Mustererkennung die komplexen Wechselwirkungen zwischen technologischen Innovationen, regulatorischen Rahmenbedingungen, Marktdynamiken und gesellschaftlichen Bedürfnissen besser verstehen können. Dies schafft die Grundlage für eine fundierte Orientierung in einem hochdynamischen Umfeld.
Die aktive Mustererkennung als Element kritischen Denkens unterscheidet sich dabei wesentlich von der rein algorithmischen Mustererkennung durch KI-Systeme: Während letztere auf statistischen Korrelationen basiert, verbindet menschliches kritisches Denken die erkannten Muster mit Bedeutung, Werten und intentionaler Gerichtetheit. So wird Mustererkennung zum Brückenschlag zwischen der oberflächlichen Ebene der Litanei und den tieferen Schichten der Weltbilder und Mythen.
Ergo
Unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist keine Schwäche, sondern eine grundlegende Eigenschaft des menschlichen Daseins. Sie unterscheidet uns von den mustererkennenden Maschinen dadurch, dass wir unsere Intention von jetzt auf gleich verändern können. Das Gerichtetsein unserer Gedanken ist ausschlaggebend, unserem Leben Sinn zu verleihen, als Orientierung.
Wenn wir Sinn und Orientierung näher betrachten, erkennen wir eine tiefe sprachliche und konzeptuelle Verwandtschaft. Etymologisch betrachtet leitet sich das Wort »Sinn« vom althochdeutschen »sinnan« ab, was »reisen, streben, eine Richtung nehmen« bedeutet. Orientierung hingegen kommt vom lateinischen »oriens« (Osten, Sonnenaufgang) – der Richtung, nach der man sich traditionell ausrichtete.
Beide Konzepte beschreiben im Kern den Prozess des Sich-Zurechtfindens in der Welt:
Sinn gibt Orientierung: Wenn etwas »Sinn ergibt«, können wir uns darin zurechtfinden und eine Richtung erkennen
Orientierung schafft Sinn: Wenn wir uns orientieren können, empfinden wir eine Situation als sinnvoll
In beiden Fällen geht es um das Erkennen von Mustern und Strukturen, die uns helfen, uns in der Komplexität der Wirklichkeit zurechtzufinden. Wenn wir sagen, dass etwas »keinen Sinn ergibt«, meinen wir damit oft, dass wir uns nicht orientieren können – wie in dem Beispiel des verwirrenden Einkaufszentrums. Die Desorientierung und der Sinnverlust sind zwei Seiten derselben Medaille.
Mustererkennung ist letztlich der Schlüssel, mit dem wir Zugang zur chaotischen Wirklichkeit finden. In einer Zeit, in der die Granularität und Fragmentierung unserer Wahrnehmungswelten zunimmt, wird die bewusste und kritische Mustererkennung zur zentralen Kompetenz für sinnstiftendes Denken und Handeln. Sie verbindet die oberflächliche Ebene der täglichen Ereignisse mit den tieferen Schichten unserer Weltbilder und kulturellen Mythen.
Als reflexive Praxis ermöglicht uns Mustererkennung nicht nur, Ordnung in einer chaotischen Welt zu finden, sondern auch, die Grenzen und Verzerrungen unserer eigenen Wahrnehmung zu erkennen. In diesem Spannungsfeld zwischen erkennbaren Mustern und grundsätzlicher Unberechenbarkeit entfaltet sich die menschliche Fähigkeit zur Sinnstiftung – ein komplexer Prozess, der uns von rein algorithmischen Systemen unterscheidet und unsere einzigartige Position in der Welt definiert.
Die Causal Layered Analysis mit ihrem vielschichtigen Zugang zur Wirklichkeit bietet dabei einen wertvollen methodischen Rahmen, um Muster nicht nur zu erkennen, sondern auch in ihrer Tiefe zu verstehen und zu kontextualisieren. Damit wird Mustererkennung vom bloßen Werkzeug zur Orientierung zum essenziellen Element einer aufgeklärten, reflektierten Beziehung zur Wirklichkeit.
Mustererkennung in der Causal Layered Analysis (CLA) und der Beitrag generativer KI
In der Causal Layered Analysis (CLA) ist die Mustererkennung auf der Ebene der Litanei von enormer Bedeutung. Diese oberste Schicht der CLA befasst sich mit quantitativen Trends, Ereignissen und Phänomenen, die unmittelbar sichtbar sind – genau jene Ebene, auf der unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit besonders deutlich wird. Ähnlich wie unsere menschliche Wahrnehmung durch Sinnfelder gefiltert wird, neigen wir dazu, in der Flut von Daten und Ereignissen bestimmte Muster zu erkennen und andere zu übersehen.
Mit dem Aufkommen großer Sprachmodelle eröffnet sich eine neue Dimension der Mustererkennung. Diese Systeme, die auf statistischen Berechnungen basieren, können in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß Daten verarbeiten und Muster identifizieren. Im Gegensatz zu unserer begrenzten menschlichen Wahrnehmung können sie eine Vielzahl von Gegenstandsbereichen erfassen und analysieren, ohne der kognitiven Dissonanz zu unterliegen, die wir erleben, wenn Muster auf Grundlage unserer eigenen Erfahrungen nicht mehr erkennbar sind.
Wenn wir akzeptieren, dass diese KI-Systeme auf Statistiken beruhen, die sich kontinuierlich verändern und anreichern können, wird ihr Potenzial für den Rapid Foresight Modus deutlich. Sie können uns helfen, wiederkehrende Muster in komplexen Situationen zu erkennen, die unserer begrenzten Wahrnehmung möglicherweise entgehen.
Allerdings bleibt ein entscheidender Unterschied: Während KI-Systeme Muster erkennen können, fehlt ihnen die menschliche Fähigkeit, ihre Intention spontan zu verändern – jenes »Gerichtetsein unserer Gedanken«, das unserem Leben Sinn und Orientierung verleiht. Die Kombination aus KI-gestützter Mustererkennung und menschlicher Sinnstiftung kann daher besonders wertvoll für die tieferen Ebenen der CLA sein, wo es um die Interpretation von Weltbildern und Mythen geht.
Forschungsfrage
Die Perspektivenvielfalt in unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit macht die Formulierung der richtigen Forschungsfragen zu Beginn des Cultural Foresight Prozesses unerlässlich. Da unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit grundsätzlich fehlerhaft, unvollständig und durch individuelle Sinnfelder gefiltert ist, bedarf es eines methodischen Ankers, der unterschiedliche Perspektiven integriert und zugleich fokussiert.
Während Mustererkennung uns hilft, Ordnung in der chaotischen Wirklichkeit zu finden, können die dabei entstehenden subjektiven Verzerrungen nur durch einen bewusst gestalteten Rahmen für unsere Untersuchungen ausgeglichen werden. Diese Fragen definieren also nicht nur den Untersuchungsgegenstand, sondern fördern auch die Reflexion über unsere epistemologische Position und schaffen so einen gemeinsamen Orientierungsrahmen.
Heute, wo wir zunehmend versuchen, »Substanz herzustellen«, um eine berechenbare Wirklichkeit zu simulieren, eröffnen präzise Forschungsfragen die Möglichkeit, die Vielfalt der Perspektiven produktiv zu nutzen und zukünftige Konfliktlinien zu identifizieren, anstatt in kognitiver Dissonanz zu verharren.
Die fehlerhafte Kontaktaufnahme des Menschen mit der Wirklichkeit
Es gibt eine fundamentale Eigenschaft des menschlichen Seins. Unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist grundsätzlich fehlerhaft und genau aus diesem Grund sinnstiftend. Verstehen wir Sinn zunächst nicht als höchste Gattung von Vernunft. Die Erscheinungsweise von Wirklichkeit ist stets perspektivisch und somit unvollständig. Als Menschen wissen wir intuitiv, dass unsere Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit fehleranfällig ist. Deshalb bewegen wir uns in ihr entsprechend und finden Orientierung entlang der Dinge, die wir kennen.
Die menschliche Wahrnehmung erfolgt durch sogenannte »Sinnfelder«-Perspektiven, die bestimmte Aspekte der Wirklichkeit hervorheben und andere ausblenden. Sinn ist die Anordnung der Dinge in einer gegebenen Situation, die dafür sorgt, dass die Dinge Sinn ergeben. Wir können niemals eine vollständige, objektive Erfassung der Realität erreichen.
Diese Begrenztheit führt paradoxerweise zu unserer Fähigkeit der Mustererkennung. Der Mensch ist in der Lage, in der Flut unendlicher Sinnfelder bedeutungsvolle Strukturen zu erkennen. Wir versuchen stets, Ordnung in die chaotische Wirklichkeit zu bringen, indem wir Muster wahrnehmen. Wenn die Muster nicht mehr oder nur sehr schwer erkennbar werden, verlieren wir die Orientierung. Manchmal verändern sich eigentlich vertraute Umgebungen so rasant, dass wir entsprechende Dissonanzen erleben. Die kognitive Dissonanz ist hier sicher eine der am häufigsten.
Folgende Situation: Sie stehen auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums. Eine Variante der Situation könnte sein, dass sie den Eingang des Einkaufszentrums suchen, ihn allerdings nicht gleich entdecken. Aus ihren Erfahrungen wissen Sie, dass es einen Eingang geben muss. Wer baut einen großen Parkplatz mit Einkaufszentrum, in das man nicht hineingehen könnte? Nach längerem Suchen finden Sie keinen Haupteingang. Jedoch zeigt sich eine kleine Tür an der Rückseite des Gebäudes, die eher nach einem Fluchtweg aussieht. Sie musste vollständig um das Gebäude herumgehen. Tatsächlich befindet sich hinter dieser Tür das Innere eine großen Einkaufszentrums, und sie treten ein. Ergibt das Sinn? Aufgrund ihrer Erfahrungen kaum. Aber die Wirklichkeit ist so, wie sie sich in dieser Situation präsentiert. Später folgen Sie den anderen Menschen und erkennen, dass das Einkaufszentrum vom Untergeschoss betreten wird. Auf dem Parkplatz befindet sich eine Passage, die sie hinter eine langen Reihe von Autos nicht entdeckt haben. Sie verlassen das Gebäude über diesen seltsam anmutenden Weg, erkennen aber, dass sie auf einem zweiten Parkplatz stehen, auf dem sie offensichtlich ihr Auto nicht abgestellt haben. Also sie später im Auto sitzen und die Situation sich aufklärt und die Dinge sich in ihrem Geiste wieder sortieren, bewerten sie das Erlebte und kommen zu dem Schluss: »Das macht doch alles keinen Sinn«.
Besonders interessant sind diese Beobachtungen, dass wir schon seit längerer Zeit immer stärker versuchen, Substanz herzustellen – also die Illusion einer beständigen, berechenbaren Wirklichkeit. Doch genau dieser Versuch scheitert regelmäßig an der Unberechenbarkeit des Lebens. Berechenbarkeit können wir hier wörtlich nehmen. Die Mathematisierung unserer Lebenswirklichkeit greift heute schon durch bis auf unser Verhalten, das soziale Netzwerke messen, um unsere Wirklichkeit anzupassen, mit Beiträgen, die uns mutmaßlich gefallen.
Substanz herstellen
Historisch haben Menschen immer versucht, »Substanz herzustellen«, indem sie Erklärungsmodelle für die unberechenbare Welt schufen. Auf der Ebene der Mythen und Metaphern in der Causal Layered Analysis wird dies besonders deutlich: Der Donner war nicht einfach ein atmosphärisches Phänomen, sondern Thor mit seinem Hammer oder Zeus’ Zorn. Der launische Wasserfall wurde nicht durch Niederschlagsschwankungen, sondern durch das Gemüt von Manitu erklärt. Diese mythologischen Narrative dienten nicht nur zur Erklärung unerklärlicher Phänomene, sondern gaben den Menschen auch einen Handlungsrahmen – durch Opfergaben oder Rituale konnte man versuchen, Einfluss auf diese Kräfte zu nehmen.
Während die moderne Wissenschaft viele dieser Phänomene entzaubert hat, bleibt unser grundlegendes Bedürfnis nach »Substanzhaftigkeit« der Wirklichkeit unverändert. Der Unterschied liegt darin, dass wir heute versuchen, diese Substanz durch digitale Modelle, Algorithmen und Simulationen herzustellen – Werkzeuge, die uns Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit versprechen. Die tieferliegende Schicht der Mythen und Metaphern in der CLA zeigt uns, dass dieses Streben nach Ordnung und Kontrolle eine anthropologische Konstante darstellt, die sich lediglich in ihrer Ausdrucksform wandelt. Wir kommen später im Verlauf der Dekonstruktion zur Schicht der Mythen und Metaphern und verstehen das dann besser.
Die Bedeutung aktiver Mustererkennung im kritischen Denken
In einer zunehmend fragmentierten und granularen Wirklichkeit wird die aktive Mustererkennung zu einem unverzichtbaren Werkzeug des kritischen Denkens. Sie ermöglicht es uns, in der Flut von Informationen, Perspektiven und widersprüchlichen Narrativen Orientierung zu finden und kohärente Strukturen zu erkennen.
Auf der oberflächlichen Ebene der Litanei – der ersten Schicht der CLA – beobachten wir heute eine beispiellose Perspektivendivergenz. Neben menschlichen Akteuren und Systemen gestalten nun auch digitale Aktanten (vernetzte maschinelle Entitäten) unsere Wirklichkeitswahrnehmung aktiv mit. Diese Vielzahl an Perspektiven führt nicht nur zu einer Fragmentierung unserer gemeinsamen Wirklichkeit, sondern auch zu einer Granulierung der Diskurse.
Diese Entwicklung stellt den pluralistischen Austausch vor enorme Herausforderungen: Wie können wir einen konstruktiven Dialog führen, wenn die gemeinsame Wahrnehmungsbasis schwindet? Hier gewinnt die systematische Beobachtung und Auswertung der Litanei – also der sichtbaren Trends, Daten und Ereignisse – eine herausragende Bedeutung. Durch die bewusste und methodische Mustererkennung können wir:
Die Gemeinsamkeiten in divergierenden Perspektiven identifizieren.
Wiederholende Strukturen in scheinbar chaotischen Entwicklungen erkennen.
Unterschiede zwischen zufälligen Ereignissen und systemischen Trends ausmachen.
Die Verzerrungen in unserer eigenen Wahrnehmung bewusst reflektieren.
Im Kontext sich verändernder Gesundheitsmärkte bedeutet dies konkret, dass wir durch systematische Mustererkennung die komplexen Wechselwirkungen zwischen technologischen Innovationen, regulatorischen Rahmenbedingungen, Marktdynamiken und gesellschaftlichen Bedürfnissen besser verstehen können. Dies schafft die Grundlage für eine fundierte Orientierung in einem hochdynamischen Umfeld.
Die aktive Mustererkennung als Element kritischen Denkens unterscheidet sich dabei wesentlich von der rein algorithmischen Mustererkennung durch KI-Systeme: Während letztere auf statistischen Korrelationen basiert, verbindet menschliches kritisches Denken die erkannten Muster mit Bedeutung, Werten und intentionaler Gerichtetheit. So wird Mustererkennung zum Brückenschlag zwischen der oberflächlichen Ebene der Litanei und den tieferen Schichten der Weltbilder und Mythen.
Ergo
Unsere fehlerhafte Kontaktaufnahme mit der Wirklichkeit ist keine Schwäche, sondern eine grundlegende Eigenschaft des menschlichen Daseins. Sie unterscheidet uns von den mustererkennenden Maschinen dadurch, dass wir unsere Intention von jetzt auf gleich verändern können. Das Gerichtetsein unserer Gedanken ist ausschlaggebend, unserem Leben Sinn zu verleihen, als Orientierung.
Wenn wir Sinn und Orientierung näher betrachten, erkennen wir eine tiefe sprachliche und konzeptuelle Verwandtschaft. Etymologisch betrachtet leitet sich das Wort »Sinn« vom althochdeutschen »sinnan« ab, was »reisen, streben, eine Richtung nehmen« bedeutet. Orientierung hingegen kommt vom lateinischen »oriens« (Osten, Sonnenaufgang) – der Richtung, nach der man sich traditionell ausrichtete.
Beide Konzepte beschreiben im Kern den Prozess des Sich-Zurechtfindens in der Welt:
Sinn gibt Orientierung: Wenn etwas »Sinn ergibt«, können wir uns darin zurechtfinden und eine Richtung erkennen
Orientierung schafft Sinn: Wenn wir uns orientieren können, empfinden wir eine Situation als sinnvoll
In beiden Fällen geht es um das Erkennen von Mustern und Strukturen, die uns helfen, uns in der Komplexität der Wirklichkeit zurechtzufinden. Wenn wir sagen, dass etwas »keinen Sinn ergibt«, meinen wir damit oft, dass wir uns nicht orientieren können – wie in dem Beispiel des verwirrenden Einkaufszentrums. Die Desorientierung und der Sinnverlust sind zwei Seiten derselben Medaille.
Mustererkennung ist letztlich der Schlüssel, mit dem wir Zugang zur chaotischen Wirklichkeit finden. In einer Zeit, in der die Granularität und Fragmentierung unserer Wahrnehmungswelten zunimmt, wird die bewusste und kritische Mustererkennung zur zentralen Kompetenz für sinnstiftendes Denken und Handeln. Sie verbindet die oberflächliche Ebene der täglichen Ereignisse mit den tieferen Schichten unserer Weltbilder und kulturellen Mythen.
Als reflexive Praxis ermöglicht uns Mustererkennung nicht nur, Ordnung in einer chaotischen Welt zu finden, sondern auch, die Grenzen und Verzerrungen unserer eigenen Wahrnehmung zu erkennen. In diesem Spannungsfeld zwischen erkennbaren Mustern und grundsätzlicher Unberechenbarkeit entfaltet sich die menschliche Fähigkeit zur Sinnstiftung – ein komplexer Prozess, der uns von rein algorithmischen Systemen unterscheidet und unsere einzigartige Position in der Welt definiert.
Die Causal Layered Analysis mit ihrem vielschichtigen Zugang zur Wirklichkeit bietet dabei einen wertvollen methodischen Rahmen, um Muster nicht nur zu erkennen, sondern auch in ihrer Tiefe zu verstehen und zu kontextualisieren. Damit wird Mustererkennung vom bloßen Werkzeug zur Orientierung zum essenziellen Element einer aufgeklärten, reflektierten Beziehung zur Wirklichkeit.
ID BTBLGR-CMP-3
Kapitel 0.1