Aktualisiert

10. Juli 2025

Die paradoxe Rückkehr des Menschlichen

Ein mutiger Vergleich zwischen CNC und Generativer AI. Eines von zahlreichen Szenarien, die wir als gelingende Zukunft ausgestalten könnten.

Szenario

Das Phänomen der technologischen Transformation in den Bereichen Handwerk und Wissensarbeit führt zu einer Zunahme an kreativer Gestaltung und konzeptionellem Denken, während die Bedeutung manueller Ausführung und routinierter Produktion abnimmt.

German

Technologischer Wandel fordert Identitäten heraus; CNC und KI transformieren Handwerk und Wissensarbeit hin zu kreativem Denken.

Der technologische Wandel gestaltet sich selten geradlinig. Er manifestiert sich eher als ein vielschichtiger Prozess, der bestehende Praktiken, etablierte Identitäten und tradierte Selbstverständnisse grundlegend herausfordert. Zwei bemerkenswerte Beispiele dieses Phänomens lassen sich in der Einführung computergesteuerter Präzisionswerkzeuge im Handwerk und dem gegenwärtigen Aufkommen generativer Künstlicher Intelligenz in den Wissensberufen beobachten.

Das Handwerk im Zeitalter der Automatisierung

Die Implementierung von CNC-Maschinen (Computer Numerical Control) im traditionellen Handwerk markierte einen tiefgreifenden Einschnitt. Handwerkliche Tätigkeiten, die zuvor primär auf manueller Geschicklichkeit, implizitem Erfahrungswissen und direkter materieller Auseinandersetzung basierten, wurden plötzlich durch programmierbare Präzisionsgeräte ergänzt oder teilweise ersetzt. Die Maschine übernahm das präzise Schneiden, Fräsen und Formen – Tätigkeiten, die zuvor das handwerkliche Ethos definierten.

Dieser Wandel verlangte ein fundamentales Umdenken. Das Selbstverständnis des Handwerkers musste neu justiert werden. Die Frage stellte sich unweigerlich. Was bedeutet handwerkliche Meisterschaft, wenn die physische Ausführung nicht mehr durch Menschenhand erfolgt? Die Antwort offenbarte sich in einer Transformation des handwerklichen Ethos. Der Fokus verlagerte sich vom ausführenden zum konzipierenden Handwerk. Die Fertigkeit des Handwerkers manifestierte sich nun primär im intelligenten Design, der strategischen Planung und der kreativen Problemlösung.

We are not prompts

Ein ähnliches Transformationsmuster zeichnet sich gegenwärtig in den Wissens- und Kreativberufen ab. Die Einführung generativer KI-Systeme wie ChatGPT und andere Sprachmodelle führt zu vergleichbaren Umbrüchen, insbesondere in redaktionellen Tätigkeitsfeldern. Wie Hannes Kolbe in einem Werkgespräch beim Digitalwerk treffend anmerkte, haben wir es mit einer Technologie zu tun, die in Zukunft nahezu jeden einzelnen Prozess verändern wird. Diese Aussage unterstreicht die tiefgreifende Natur der Veränderung, die weit über einfache Prozessoptimierung hinausgeht und nicht nur Redaktionen oder Kreativagenturen betrifft, sondern, mit Hannes Kolbe gedacht, nicht einmal vor Krankenkassen Halt macht.

Die generative KI kann immer besser binnen Sekunden kohärente Texte, Bilder oder Audioinhalte erstellen – Tätigkeiten, die bislang den kreativen Kern der Wissensarbeit ausmachten. Gerade bei wenig künstlerischem Anspruch kommt es künftig mehr auf das Prompt-Engineering an, als auf das Schleifen eines Textes.

Diese Entwicklung löst ähnliche existenzielle Fragen aus wie die CNC-Technologie im Handwerk. Rund um den Launch von Googles Veo 3 beginnt der Diskurs um die Zukunft der Filmindustrie, sich zu iterieren. Als Erstes scheinen die Disputanten die Werbeindustrie ausgemacht zu haben. Schon kursieren erste Artefakte von Werbefilmchen und auch Trailer noch gar nicht produzierter Blockbuster zeigen sich als Protest der KI-generierten Schauspieler, die sich selbst als fiktional eingesperrt empfinden und ihre Menschenrechte einfordern. We are not prompts!

Was bedeutet es, ein Redakteur, ein Autor oder ein Künstler zu sein, wenn Maschinen scheinbar mühelos kreative Inhalte generieren können?

Die Metamorphose der Schaffenden

Die Parallelen zwischen diesen technologischen Umbrüchen sind bemerkenswert. In beiden Fällen entsteht zunächst eine tiefe Verunsicherung über die eigene berufliche Identität. Viele betrachten »generative KI als Werkzeug zur Automatisierung repetitiver Vorgänge und Tätigkeiten«. Mit fortschreitender Integration wird jedoch deutlich, dass es sich um eine grundlegendere Transformation handelt.

Mit ChatGPT und Sprachmodellen allgemein wird erstmals auch das Kreative automatisiert.

Diese Einsicht führt zu einer notwendigen Neuausrichtung des professionellen Selbstverständnisses. Ähnlich wie der Handwerker sich vom ausführenden zum konzipierenden Meister entwickelte, transformiert sich der Wissensarbeiter vom primären Produzenten zum kritischen Kurator, vom Textschöpfer zum Gedankenarchitekten. Die eigentliche Expertise verlagert sich von der Produktion zur Evaluation, vom Schreiben zum Redigieren, vom bloßen Erschaffen zum gezielten Verfeinern.

Über das Werkzeug hinaus: Ein neues Ethos der Wissensarbeit

Sascha Lobo und Ranga Yogeshwar diskutieren in einem Podcast die tiefgreifenden Implikationen dieser Entwicklung. Yogeshwar zieht dabei eine historische Parallele zur Einführung der Schrift, die Sokrates kritisch betrachtete, weil »sie das lebendige und dynamische Denken nicht erfassen könne«. Diese Analogie verdeutlicht, dass wir es mit einem fundamentalen Wandel des Rationalitätsmodells zu tun haben – nicht bloß mit einer neuen Arbeitstechnik.

Regina Vetters weist in einem anderen Werkgespräch auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin. »Im besten Fall« prüfe man die von KI generierten Inhalte kritisch, »redigieren sozusagen, was da irgend so eine Maschine sagt«. Diese Bemerkung offenbart eine entscheidende Dimension des neuen Wissensarbeiter-Ethos. Die eigentliche Expertise manifestiert sich in der kritischen Auseinandersetzung mit maschinell generierten Inhalten, in der Fähigkeit, diese zu kontextualisieren, zu prüfen und zu verfeinern.

Die paradoxe Rückkehr des Menschlichen

Interessanterweise deutet sich in beiden technologischen Transformationen ein scheinbares Paradoxon an. Die Automatisierung führt nicht zwangsläufig zur Entmenschlichung der Arbeit, sondern potenziell zu einer Rückbesinnung auf genuin menschliche Qualitäten. Entsteht hier »die Vision einer Wieder-Menschwerdung durch Technologie«? Die Technik wird als »Befreierin von Bürokratie« betrachtet, die ermöglicht, dass »die eigentliche Mission wieder ins Zentrum rückt«.

Wer schreibt schon gern sogenannte Listicles. Die früher zeitweise populäre Inhaltsform im digitalen Journalismus, die Informationen in Form einer nummerierten oder aufzählenden Liste präsentieren, offenbart ziemlich klar, wie sehr auch die redaktionelle Arbeit von dem Weltbild der Mathematisierung bestimmt wurde; sind das nicht auch generierte, also gewollt konstruierte Texte? Was oberflächlich generierte Inhalte anrichten werden, stelle ich erst einmal zurück.

Im oben angesprochenenen, handwerklichen Kontext bedeutet diese Rückkehr des Menschlichen eine Fokussierung auf kreatives Design und konzeptionelles Denken, während repetitive Präzisionsarbeit der Maschine überlassen wird. Wer nicht mehr an der Säge stehen muss, kann sich andere Gedanken machen.

Im Kontext der Wissensarbeit könnte es eine verstärkte Konzentration auf tiefgründige Analyse, kritische Reflexion und empathische Kommunikation bedeuten – Qualitäten, die KI-Systeme trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten nicht authentisch reproduzieren können. So legen wir auch im Cultural Foresight Wert darauf, dass wir das kritische Denken gegenüber generativen Analysen übergewichten.

Die Synthese

Der Blick auf diese Parallelen eröffnet eine nuancierte Perspektive auf den gegenwärtigen Transformationsprozess. Anstatt KI als Bedrohung oder bloßes Werkzeug zu betrachten, lässt sich ein produktiveres Verständnis entwickeln. »KI ist ein Fernglas – aber wir bestimmen, wohin wir schauen«. Diese Metapher verdeutlicht das zentrale Potenzial. Es geht nicht um Ersetzung, sondern um Erweiterung, nicht um Konkurrenz, sondern um Komplementarität.

Die Zukunft der Wissensarbeit könnte sich daher ähnlich entwickeln wie die des Handwerks nach Einführung der CNC-Technologie. Die eigentliche Expertise wird sich weiterentwickeln, nicht verschwinden. Sie wird sich verlagern von der routinierten Produktion zur strategischen Konzeption, vom technischen Handwerk zum kreativen Denken, von der Informationsgenerierung zur Wissenskuration. In dieser Transformation liegt nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine bedeutsame Chance zur Rückbesinnung auf das Wesentliche der intellektuellen Arbeit.

Befähigung schlägt Ersetzen. Diese Einsicht könnte als Leitmotiv für einen produktiven Umgang mit generativer KI dienen. Die zentrale Aufgabe besteht darin, ein neues Ethos der Wissensarbeit zu entwickeln, das technologische Potenziale nutzt, ohne die menschliche Dimension aus dem Blick zu verlieren. Die Parallele zum Handwerk lehrt uns, dass dies möglich ist – wenn wir bereit sind, unser Selbstverständnis zu transformieren und neue Formen der Expertise zu kultivieren.

Gemäß der Perspektive in diesem Text wurde die Idee dazu generiert und mit einem sorgfältigen und vorausdenkenden Ethos redigiert, lektoriert und mithilfe eines KI-gestützten Rechtschreibprogramms korrigiert. Deshalb habe ich jetzt Zeit, mit Dir darüber zu diskutieren. Nutze gern ein +ZEITGESCHENK, wenn Du mit mir zu diesem und jedem anderen Thema der kulturellen Vorausschau diskutieren möchtest.

Frank Stratmann

Ich bin Frank Stratmann – ein erfahrener Foresight- und Kommunikationsdesigner, der mit Leidenschaft für Fachkräfte im Gesundheitswesen arbeitet.
Auch bekannt als @betablogr.

AVAILABLE FOR WORK

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Ich bin Frank Stratmann – ein erfahrener Foresight- und Kommunikationsdesigner, der mit Leidenschaft für Fachkräfte im Gesundheitswesen arbeitet.
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Disclaimer

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Wir nutzen KI-gestützte Verfahren für erste Recherchen und generieren Entwürfe, die wir sorgfältig prüfen und überarbeiten. Unsere redaktionellen Prozesse stellen sicher, dass alle KI-generierten Inhalte validiert und auf Richtigkeit geprüft werden. Externe Quellen und Webinhalte werden dabei stets mit entsprechenden Verweisen gekennzeichnet und in unsere Recherche eingebunden. Die Qualität und Verlässlichkeit unserer Inhalte stehen dabei an erster Stelle. Gern geben wir Auskunft zur ursprünglichen Quelle und unserem Validierungsprozess.

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